Rechenaufgaben mit Daisy The Great

Daisy The Great stellten am 23.08.2023 im Chelsea ihre glasklaren Stimmen unter Beweis und kamen trotzdem ins Rocken. Darüber hinaus rechnete man -im wahrsten Sinne des Wortes- an diesem Abend anders.

Cheerleader
Der 31. August 2023 zog die Musikfans zu diversen Großveranstaltungen in die Wiener Stadthalle und in die Halle der Gasometer. Jedoch lockte auch die 'FM4 Indie Kiste' mit Liza Anne und Daisy The Great im Chelsea genügend Besucher:innen an den Veranstaltungsort.
Das Fehlen der restlichen Menschentraube im Kultclub, machte die unglaublich positive und herzliche Stimmung im Saal weg. Schon beim Supportact Liza Anne, einer amerikanischen Singer-Songwriterin, bei der es gerne auch mal etwas rockiger zugeht, tanzte, klatschte und sang die kleine Menge. Liza Anne, die nur mit Gitarre, begleitet von Backing Tracks auf der Bühne stand, erinnerte ein wenig an eine freche und bunte Mischung aus Hayley Williams und Phoebe Bridgers. Ihre Erfahrung von vier Alben merkte man der Musikerin an, die an diesem Abend vor allem durch ihren Gesang und ihre Performance, aber auch ihrem frechen PopRock überzeugte. In der queeren Community machte sich Liza Anne Odachowski schon einen Namen und so war es logisch, dass sie ihre Hymne "Cheerleader" mitbrachte. In ihrem Repertoire hatte sie außerdem noch Songs wie "Rainbow Sweater" und "Senitmental" mit denen sie das Publikum perfekt aufwärmte.

A baby and two months
Anschließend eröffneten die heiß ersehnten Daisy The Great mit "Time Machine" und "Liar" den Abend. Auf dieser Tour treten diese als Quartett auf, doch es sieht so aus, als wäre das für die Multiinstrumenlist:innen kein Problem. Kelley und Mina, die beiden Frontfrauen, sind natürlich vorne in der Mitte. Sie singen perfekte Harmonien, glockenhell, wobei Kelley’s Stimme noch ein bisschen heller ist. Beide führten gekonnt durch die Show und wussten ihre Anekdoten und Geschichten zu platzieren.  Mina Walker verdrückte aufgrund der textsicheren Fans mehrmals einige Tränen. Gitarrist/Bassist Bernardo und der Schlagzeuger Matti spielten solide wofür man sie bezahlte. Die Omnipräsenz konnte man Mina Walker (Bass, Gitarre Gesang), Kelley Dugan (Keyboard, Gitarre) wirklich nicht übel nehmen, denn die beiden Ladies machten ihre Sache gut und kamen durch ihre „girl next door-Ausstrahlung“ äußerst sympathisch hinüber. Ihr erstes Mal in Österreich sei es, davor stand nur Slowenien auf dem Plan, berichteten sie eifrig. Über Kelleys Höhenangst bei einer Fahrt mit dem Riesenrad. Und ein trockenes „Dude we are at the bottom“ von der Bandkollegin, als Kelley dachte endlich oben zu sein. Danach gab es passend "Happy life" und "Looking U Up". Die Performance der Band schien fehlerlos, sogar die Choreografie von einigen Tanzschritten war synchron. Doch je ausgelassener sich die kleine Menge präsentierte, desto mehr gingen auch Kelley und Mina aus sich und ihrem Schema heraus. Da flogen Kelleys Haare plötzlich deutlich länger durch die Luft und die beiden bewiesen, dass ihnen nicht nur der Indie-Pop/Folk sondern auch schnelle Poprock/Poppunk gut steht. Gekonnt wechselte die Gruppe zwischen den Genres und älteren (unter anderem ihr Debütalbum I'm Not Getting Any Taller) und neuerem Material hin und her. Ein Lovesong wie "Peresphone" und "Tough Kid", ein Lied das einen Ratschlag vermittelt, gehörten ebenfalls auf die Setliste. Das Publikum schunkelte, kuschelte, tanzte, für sich allein, mit Partner:in oder in der Gruppe. Das zweite Album von 2022, auf das Daisy The Great laut Ansage sehr stolz wären, hätte jetzt das Alter von "einem Baby plus zwei Monaten". Nach ein paar Rechnereien konnte All You Need is Time auf Vinyl zusammen mit ein paar anderen Angeboten angepriesen werden. Mit "Ballerina" präsentierten sie kurz darauf einen brandneuen Song, der nicht mal ein Demoband besitzt. Dieser passte zum restlichen Material der Amerikaner:innen, groß hervor trat das Stück beim (Live-) Hören nicht, ebenso wenig wie ihr Sleigh Bells Cover von "Rill Rill". Ob ihr neuerstes Cover von "Scarborough Fair" (Simon & Garfunkel) stimmlich besser zur Geltung gekommen wäre, oder nur eines von vielen ist, bleibt ungewies. Das Publikum feierte die Stücke trotzdem frenetisch ab. Viel mehr überzeugte das sommerliche "I'm Fine" mit abgesprochenem "Bandoutfit" - einer Sonnenbrille. Die eigenen Singles "Seasoned", "Cry In The Mirror", "The Record Player Song" und "Glitter" bestachen durch ihren Beat und die Eingängigkeit wesentlich mehr, wirkten so richtig frisch, letztere fast ein bisschen rotzig zu Ende. Mit diesem gelungenen Abschluss verabschiedete sich die Truppe um noch einmal mit "Aluminum" eine Zugabe für eine vielversprechende Band dazulassen.

 

Stephanie Ambros