Jürgen Pettinger präsentiert mit "Franz. Schwul unterm Hakenkreuz" ein signifikantes Stück Geschichte. Das Buch rekonstruiert das Leben 21-jährigen Franz Doms perfekt, erinnert allerdings streckenweise ein wenig an ein TV- oder Radiobeitrag.
Er wurde nur 21 Jahre alt und wollte einfach sein Leben leben. Doch das vergönnte man ihm nicht. Auf sein Gnadengesuch folgte die Ablehnung. 1944 musste Franz Doms für sein „anders sein“ bezahlen und sein letzter Weg führte ihn vor den Scharfrichter.
Die Nazis hatten generell ein Problem mit gewissen „Neigungen“, obwohl der junge Mann einfach nur schwul war. Ebenso hieß es, er wäre arbeitsscheu, dabei war er nur kränklich. Schlussendlich verpasste man ihm noch das Verbrecher-Prädikat, obwohl Franz nur aus Rache einen Wecker –ganz offensichtlich-mitnahm.
Franz Doms wirkt in dem Buch ein wenig wie ein Träumer, ein bisschen naiv, ein junger Mann, der wenn es ihm gut geht, seinen Spaß haben will. Jemand, der in einer so schrecklichen Zeit einfach dem Alltag entfliehen will. Im Prater, im Wirtshaus, bei einem Kaffee. Allerdings auch wie jemand der stark ist. Er muss mehrere Gefängnisaufhalte über sich ergehen lassen und das schon in frühen Jahren. Er erlebt dort Schreckliches, vor allem als „Warmer“. Von Wärtern, der Polizei und Insassen. Doms ist gewieft, weiß wie er mit bestimmten Diensten über die Runden kommt. Seine Familie bedeutet ihm viel und als er Kurt kennenlernt, blüht Franz erst richtig auf. Dennoch kann er das Spiel mit dem Feuer nicht lassen. Seine Schwester Josefine warnt ihn ständig, sein Vater Josef bemüht sich immer wieder um eine neue Anstellung für ihn trotz seines Leumundszeugnisses.
In den eigenen Reihen gibt es zu viele Spitzel und es heißt an Franz Doms soll ein Exempel statuiert werden. Wie die Leserschaft erfährt (und vielleicht auch weiß) entspricht das nicht der Wahrheit. Es gibt viele, viele unschuldige Tote. Franz Doms ist einer von ihnen. Ein ganz junger. Es gibt nur einen Unterschied.
Franz ist der einzige Homoexuelle für den es in Wien ein Todesurteil und eine Enthauptung gibt. Die vielen anderen schwulen, lesbischen und transidenten Opfer sind ohne Todesurteil in Konzentrationslagern, Arbeitslagern, im Krieg und in Gefängnissen ums Leben gekommen.
Für sein Ö1 Feature "Mit einem Warmen kein Pardon. Der Fall Franz Doms" bekam der Autor des Buches, Jürgen Pettinger, den Prof. Claus Gatterer-Preis und den dokKa-Preis . Der Oberösterreicher arbeitete als Redakteur und Moderator von Tirol heute in Landesstudio Innsbruck. Seit 2012 ist er in Wien tätig. Er moderierte u.a. die ZIB18, die ZIB Flashes, die ZIB Nacht und stellt konstant TV-und Radio-Reportagen zusammen.
Fazit
"Franz. Schwul unterm Hakenkreuz" ähnelt eher einer Radio-Dokumentation/einem Feature oder einer Folge Universum History, als einem typischen Buch. Es will sich kein durchgehender Schreibstil oder eine Erzählform beim 1976 geborenen Linzer einstellen. Mal ist die Bericht flüssig, fast wie ein historischer Roman, dann wieder wie ein Rapport, dazwischen befinden sich die Protokolle und Aussagen. Das Geschriebene schwankt zwischen Nähe und Nüchternheit. Es ist sicher keine einfache Sache die Geschichte einer einst realen Person umzusetzen und natürlich auch Geschmackssache. Nichtsdestotrotz ist die Recherche beachtlich und Werk und Thema unglaublich wichtig. Egal in welcher Form sollten Gräueltaten wie diese nie vergessen werden.
Franz. Schwul unterm Hakenkreuz
von Jürgen Pettinger
erschienen bei Kremayr & Scheriau
gebundene Ausgabe, 192 Seiten, 22€
Buchpräsentation:
Thalia - Mariahilferstraße 99, Infos demnächst