Die Poolinale 2014 lockte mit ihrem nahezu perfekt kuratierten Programm so viele BesucherInnen an wie nie zuvor. fm5 mischte sich unter die Menge und berichtet über die Highlights des Musikfilmfestivals.
Die Poolinale 2014 lockte mit ihrem nahezu perfekt kuratierten Programm so viele BesucherInnen an wie nie zuvor. fm5 mischte sich unter die Menge und berichtet über die Highlights des Musikfilmfestivals.
Kick-Off
Die “inoffizielle” Eröffnung der diesjährigen Poolinale wurde gemeinsam mit dem Gartenbaukino und dessen Serie “Strahler 80”, bei der in regelmäßigen Abständen Klassiker aus den 80ern auf die große Leinwand zurückkehren, gefeiert. Am Programm stand “This is spinal tap”, die legendäre Mockumentary von Rob Reiner, in der kein 80er Rock-Klischee ausgelassen wird und welche auch nach 30 Jahren (!) noch für unzählige Lacher und ein gut gefülltes Gartenbaukino sorgt.
Zwei Tage später führte der Weg schließlich ins ausverkaufte Porgy & Bess zur “offiziellen” Eröffnungsfeier, bei der “Fuck the Atlantic Ocean” gezeigt wurde. Die schönsten Geschichten schreibt bekanntlich das Leben und so schloss sich mit dieser Eröffnung ein Kreis, der seinen Anfang bei der Poolinale 2011 nahm. Damals filmten They shoot Music Sweet, Sweet Moon auf der Rahlstiege. Das Video wurde zu einem der meist angesehen Clips des Wiener Filmkollektivs und nach und nach häuften sich die Kommentare Sweet, Sweet Moon möge doch nach Südamerika kommen. So entstand die Idee zu einem Crowdfunding Projekt und They Shoot Music begleitete die beiden Musiker über den Atlantik und filmte die auf eigene Faust organisierte Tour durch Südamerika. Was dabei heraus gekommen ist, ist ein eigenwilliger und interessanter Film, der die Höhen und Tiefen des Roadtrips dokumentiert und für einige Gänsehautmomente sorgt.
“Der intensivste Film der Poolinale”
Samstag am frühen Abend war “The Punk Singer”, eine Dokumentation über Kathleen Hanna, an der Reihe. Der Film war, wie Hannes Tschürtz in seiner Ansprache zuvor verriet, der Film der die meisten Nicht-Festivalpassinhaber anzog und wurde wegen des großen Andrangs am nächsten Tag nochmals vorgeführt. Der Film beginnt mit einem alten Homevideo einer jungen Kathleen Hanna bei einem Spoken Word Event. Dort spricht sie über einen traumatischen Angriff eines Einbrechers in ihrem Haus. „I’m your worst nightmare come to life! I’m a girl who won’t shut up!“, man merkt sehr schnell warum die Dokumentation über das Leben und Schaffen der feministischen Popkulturikone als intensiver Film bezeichnet wird. Die Zuschauer erfahren mehr über ihre Kindheit, ihre Wegbegleiter, ihren Weg im Studium zur feministischen Kunst, der Entstehung von Bikini Kill und wie die Band mit ihrer „Revolution Girl Style“ die Aufmerksamkeit der Untergrundszene sowie der Massenmedien auf sich zog. Nach dem Ende von Bikini Kill 1996/1997, wurde es etwas ruhiger um die Sängerin, bis 1999 das Soloalbum unter dem Künstlernamen „Julie Ruin“ erschien. Dieses legte den Grundstein für die nachfolgende Band Le Tigre und die derzeit aktuelle, The Julie Ruin. Nachdem der erfolgreiche Verlauf der Bandgeschichte der feministischen Partyband Le Tigre erzählt wurde, wurde enthüllt warum Kathleen Hanna ab 2005 eine mehrjährige Pause einlegte. Nachdem sie einige Jahre unwissend Lyme Borreliose, eine durch einen Zeckenbiss ausgelöste Krankheit, hatte, war diese in einem weit fortgeschrittenen Stadium und musste durch intensive Therapien behandelt werden, die es für sie unmöglich machten weiter aufzutreten. Der letzte Teil des Films fokussiert sich auf ihren Kampf gegen die Krankheit und ihre Rückkehr in die Musikwelt mit The Julie Ruin.
Antimusikfilme
Weitere Highlights des Festivalprogramms waren DMD KIU LIDT und Mistaken for Strangers. Ersterer, ein Kunstfilm über und mit Ja, Panik, vollständig in schwarz-weiß gehalten, stellt einerseits die weniger glamourösen Seiten des Daseins als Indieband dar und lässt den Zuschauern andererseits Raum zum Nachdenken. Minutenlange Kameraeinstellungen, Stille, Versatzstücke von Diskussionen der Bandmitglieder. Der Film wird seinem Prädikat eines “Antimusikfilms” in jeder Hinsicht gerecht. Zweiterer war der berührendste Film des Festivals. Im Mittelpunkt steht die Beziehung der Berninger Brüder. Matt Berninger, der ältere Bruder - erfolgreicher Sänger von The National und Tom Berninger, neun Jahre jünger - kämpft mit Selbstzweifeln und scheint nicht so recht zu wissen, was er mit seinem Leben anfangen soll. Auf den ersten Blick teilen die beiden wenige Gemeinsamkeiten und wirken entfremdet. 2010 lädt Matt seinen Bruder ein, die Band auf Tour zu begleiten und dabei zu filmen. Die Tour wird zu einer emotionalen Achterbahnfahrt für die beiden Brüder und lässt auch den Zuschauer nicht unberührt. Von einem klassischen Musikfilm ist Mistaken for Strangers, ähnlich wie DMD KIU LIDT, ebenfalls weit entfernt. The National Fans erhaschen einen intimen Blick hinter die Kulissen und können sich auf die Europa Tour im Sommer dieses Jahres einstimmen.
Die Poolinale ist es auch im vierten Jahr ihres Bestehens gelungen, interessante Filme und Filmemacher nach Wien zu bringen und so ein äußerst heterogenes Publikum anzulocken und zu unterhalten. Wer das Spektakel heuer verpasst hat, sollte sich schon den 16.-19. April 2015 dick im Kalender markieren. In diesem Zeitraum findet voraussichtlich die 5. Ausgabe des Festivals statt.