Elefantische Nachrichten

Hanna Molden berichtet in "Der Jahrhundertelefant – Eine literarische Familienbiografie" über die Familiengeschichte ihres Mannes. Ein zum Teil sehr rührender Text, verwoben mit einem Elefanten.

Seine Lebenspartnerin Hanna lernt Fritz Peter Molden erst "relativ spät" kennen, um genau zu sein 1966. Davor gehen auch ein paar Ehen in die Brüche. Trotz allem hat sie mit ihm zwei Söhne und ist mit ihm fast 50 Jahre verheiratet. Molden verstirbt 2014 in Tirol. Viel früher trifft der 1924 geborene Feppchen  (sein Spitzname in der Kindheit zusammengesetzt aus Fritz Peter) auf seinen indischen Gefährten  Jakob.
Diesen erfindet eines Abends vor dem Schlafengehen sein Vater  Ernst Molden, seines Zeichens Journalist, Historiker und Diplomat. Er ist ebenso auch Wiederbegründer, Herausgeber und Chefredakteur  von Der Presse.  Jedenfalls besagt die Legende, dass der  kleine Fritz seinen Papa fragte, was er denn da für Blätter in seinem Sakko hätte, um noch nicht schlafen gehen zu müssen.
Diesem juckt es sprichwörtlich und Ernst Molden erfand den Elefanten Jakob, den Affen Jaromir  und den Mahout Pandit im Buderpester Zoo. Gespickt ist seine Story mit geschichtlichen und geografischen Details, damit das Kind auch etwas lernt. Der neugierige Fünfjährige hat(te) natürlich viele Fragen und wartet an manchen Abenden vergeblich, dass der Vater Zeit für eine Weitererzählung findet. Das „Hasimadili-Ritual“ von Mama Paula Peradovic (Verfasserin des Textes der österreichischen Bundeshymne und Dichterin) ist zwar beliebt, kann allerdings nicht ganz mit den „Briefen auf Elefantisch“ mithalten.
 

Wahre Freunde

Molden wird älter und der Zweite Weltkrieg passiert. Jahre später packt FM den Elefant für seine drei Töchter wieder aus dem Gedächtnis, erfindet zu den alten Briefen des Elefanten, neue Geschichten hinzu. Zum Schluss werden sie nochmals für seine Sohne, geboren in vierter Ehe mit Hanna Molden, herausgeholt. Für den Autor und Liedermacher Ernst Molden und dessen Bruder.
Molden steht außerdem auf dem Höhepunkt seiner Karriere, hat jetzt einen Verlag. Der risikofreudige Mann schmeißt Feste, Partys ist viel auf Buchmessen unterwegs. Bei einer Elefant- trifft auf Krokodil-Geschichte kommt vor "Ohne wahre Freunde ist auch der größte Elefant aufgeschmissen". Als hätte er es geahnt. Es folgt der große, bekannte Konkurs, der Tod eines seiner Kinder, ein Umzug. Der einstige Tycoon beweist sich als Stehaufmännchen.  Nur das Alter macht ihn mild(er), rege bleibt er bis zum Schluss.  Es ist ein Muss.

Fazit

Hanna Molden hat mit "Der Jahrhundert Elefant" eine sehr liebevolle Familienbiografie geschrieben, auch wenn sie dem Leser vielleicht auch nicht vollständig erscheinen mag. Gerne würde man mehr in ihren Worten (oder denen des Elefanten) über die Kriegsjahre, beziehungsweise den anderen Lücken der Geschichte hören. Allerdings fällt das wohl unter Neugier, denn wie angedeutet, in einem Kriegstrauma oder anderen Familienereignissen zu rühren (Molden landete wegen Widerstand gegen die Nazis mehrmals im Gefängnis und hat außerdem das Buch  "Fepolinski und Waschlapski auf dem berstenden Stern" veröffentlicht) ist auch nicht Sinn und Zweck. Was den Wunsch vielleicht verstärkt, ist der Schreibstil Hanna Moldens, der ein wenig an Christine Nöstlinger erinnert, die österreichische Seele auch in älteren Ausdrücken widerspiegelt. Das Buch liest sich schnell und  eignet sich hervorragend für sämtliche Altersklassen.  So funktioniert Biografie-Lesen für Alle!

Der Jahrhundertelefant 
Eine literarische Familienbiografie

von  Hanna Molden
erschienen bei Molden Verlag in der Verlagsgruppe Styria GmbH & Co. KG
gebundene Ausgabe, 192 Seiten, 25€

Lesung:
30.09.2021 -19:00 Uhr  Thalia Wien Mitte/W3 Landstraßer Hauptstraße 2a/2b

Stephanie Ambros