Die Punk-Band Radio Havanna spart auch auf ihrer sechsten CD "Utopia" nicht mit gesellschaftskritischen und politischen Texten. Ein E-Mail Interview über ihr eigenes Label, Songwriting und auf was sich die Fans bei ihrem Gig am 28.04.2018 in der Arena freuen dürfen.
Die 2002 gegründete Punk-Band Radio Havanna -bestehend aus Sänger Fichte, Bassist Oli, Schlagzeuger Anfy und Gitarrist Arni- ist bekannt dafür in ihrem Texten gesellschaftskritische und politische Themen zum Thema zu machen. So findet auf ihrer neuesten Veröffentlichung mit "Faust hoch" ein Song gegen die AfD und ihr Lied "Homophobes Arschloch" spricht sowieso für sich. Weiters stand das Quartett schon als Support für Bands wie u.a. Die Toten Hosen, Flogging Molly und Sum41 auf der Bühne und auf ihrem Album Alerta (VÖ:2012) singt Justin Sane von Anti-Flag mit ihnen den zweisprachigen Song "Flüstern, Rufen, Schreien". Diesen Frühling geht es für die Gruppe mit ihrem Album Utopia auf Tour und Arni stand uns vorab für ein E-Mail Interview zur Verfügung.
fm5: Ihr habt Utopia auf eurem eigenen Label veröffentlicht, da ihr euch nicht richtig platziert gefühlt habt. Wie hat sich diese neue Freiheit auf eure Musik ausgewirkt? Was unterscheidet die Platte eurer Meinung von den vorigen Alben?
Arni (Gitarre): Naja im Songwriting haben wir von vornherein das gemacht worauf wir Bock hatten. Das war uns ohnehin immer sehr wichtig. Als wir dann mit fast fertiger Platte mit Plattenlabels gesprochen haben, hatten drei Firmen Interesse. Die Gespräche waren allerdings echt schräg und das schien alle extrem weit von unserer Bandrealität weg zu sein. Getoppt wurde das alles als einer der A&Rs meinte er findet die Platte schon geil, aber ein Song wie "Homophobes Arschloch" sei „nicht sexy genug“ für die Vermarktung. Daraufhin war für uns klar, wir ziehen das selbst durch. Wir gründen ein eigenes Label und machen was wir wollen. Außerdem haben diese ganzen Gespräche unfassbar viel Zeit geraubt. Als wir das Label gegründet hatten, haben wir schnell gemerkt wie schnell wir das nun alles entschieden können. Obwohl wir mehr Arbeit hatten, lief absurderweise doch alles entspannter. Im Songwriting war es uns diesmal wichtiger einfach noch besser auf den Punkt zu kommen.
Wie schreibt ihr beziehungsweise wie hat sich euer Schreibprozess musikalisch und textlich über die Jahre verändert?
In der Regel schreiben Anfy und ich erst mal Songvorlagen. Dann treffen wir uns in großer Runde, werten die aus und basteln weiter. Die Texte schreibe zu 90% ich. Obwohl alle da viel noch Input geben.
Politische und gesellschaftskritische Themen sind euch immer noch wichtig. Wie lange braucht ihr circa um so einen Text zu schreiben. Wann wisst ihr, dass ihr ein Thema behandeln wollt? Wie schwer ist es die richtige Balance zu finden, damit es nicht zu gewollt klingt?
Das ist echt schwer zu sagen. Es gibt Texte die sind in 5 Minuten niedergeschrieben. Das ist leider aber selten.
Meistens liegt ein Text bei mir Wochen oder Monate. Ich muss da immer wieder dran arbeiten und es weglegen. Sonst schaff ich es nicht diesen Abstand zu finden, den der Hörer ja hat. Nur so kann ich auch sehen, ob ein politischer Text zu gewollt ist oder nicht. Am Ende ist es viel Arbeit ein ehrliches Gefühl zu transportieren.
Mit Songs wie z.B. "Faust hoch" und "Homophobes Arschloch" bezieht ihr auch auf dieser Veröffentlichung klar Stellung. Gibt es Erlebnisse wo Leute auf euch zugekommen sind und gesagt haben, dass ein Text ihre Augen zu einem Thema geöffnet hat?
Das passiert auf der aktuellen Tour erstaunlicherweise echt oft. Da sagen Leute, dass sie mit Anti Alles ihre Situation und ihr Leben so gut beschrieben sehen. Ein Fan aus München schrieb uns eine Email, wie viel ihm das bedeutet, dass eine Rockband einen so klaren Anti-Homophobie Text schreibt. Das war schon echt bewegend. Wenn Leute sich dann noch Textzeilen tätowieren wie zuletzt in Bern dann sind das für mich unter anderem die tollsten Momente überhaupt.
Glaubt ihr, dass ihr es als deutsche Punk-Band schwieriger als z.B. englischsprachige Kollegen?
Naja unsere Musik wird vordergründig in Deutschland, Österreich und Schweiz gehört. Dahingehend haben die anderen Bands den Vorteil weltweit auf offene Ohren zu stoßen. Andererseits haben wir den Vorteil uns expliziter ausdrücken zu können. Sobald man deutschsprachige Musik hört, gewichtet sich das Verhältnis von Textbedeutung und Musikbedeutung, zu Gunsten der Worte, total um. Das ist total spannend und gibt ganz andere Möglichkeiten damit zu jonglieren. Eine spannende Erfahrung bzgl. Sprache hatten wir Ende 2016 auf unserer Tour in Brasilien. Wir hatten echt nicht allzu hohe Erwartungen an diese Tour, da wir dachten uns versteht dort sowieso niemand und die Musik ist somit nicht so wirklich spannend für die Leute. Am Ende haben wir dort Konzerte gegeben bei denen die Besucher bei jeder Show so dermaßen ausgerastet sind, das wir das selbst kaum fassen konnten. Viele haben danach gesagt, dass sie es gerade gut finden, dass wir deutsch und nicht englisch singen. Sie fanden es klingt dadurch total brutal. Das wiederum fanden wir sehr witzig, da wir ja nun gar nicht soo brutal klingen.
Nach sechs Alben habt ihr einiges an Material. Wie schwer ist es für euch da eine Setlist basteln?
Was können die Zuseher von eurer Show in der Arena erwarten?
Ehrlich gesagt haben wir jetzt zum ersten Mal eine Setlist mit der wir wirklich zufrieden sind. Die neue Lieder (und wir haben recht viele neue Songs im Set) kommen sehr gut an und machen mega viel Spaß zu spielen. Wir spielen auf dieser Tour so lange wie noch nie. Wir bringen also eine ganze Menge Songs mit nach Wien.
Danke für das Interview!
Live: 28.04. 2018 - Arena Wien
Radio Havanna - Utopia
Dynamit Records
VÖ: 12.01.2018