Sean Bakers Faszination für gesellschaftliche Randfiguren zeigt sich auch in seinem neuesten Spielfilm. The Florida Project beleuchtet eine Kindheit in Armut, angetrieben vom Ausblick auf Disney World.
Bereits der Titel verrät den Schauplatz und die damit einhergehende Aura des Filmes – er ist auf den Projekttitel von Disney World in Orlando zurückzuführen. Die Vision eines Parks, in dem die Träume aller Kinder wahr werden, entpuppt sich in umliegenden Billigmotels als Ruine dieser Idee. Vermischt mit den Existenzängsten der Menschen, welche Apartment-Komplexe wie das „Magic Castle“ oder das „Futureland Inn“ als temporäres Zuhause nutzen, ergibt sich eine bizarre Lebenssituation.
Die Geschichte dreht sich um die kleine Moonee (Brooklynn Prince), welche mit ihrer Mutter Halley (Valeria Cotto) in einem dieser Motels lebt. Während Halley ihren Job als Stripperin verliert und so wöchentlich neue Wege finden muss, um sich das Ein-Zimmer-Apartment leisten zu können, ist von Existenzängsten jedoch nichts zu spüren. Vor allem Moonee strahlt vor Optimismus. Täglich erkundet sie mit den Nachbarskindern Scooty (Christopher Rivera), Jancey (Valeria Cotto) und Dicky (Aiden Malik) die Umgebung, um sich mit gratis Eiscreme und Spielereien in verlassenen Apartments ihr eigenes Schlaraffenland zu schaffen. Alle Facetten ihrer konfliktreichen Lebenssituation betrachtet sie mit kindlich naiver Leichtigkeit, was sich auch im Charakter ihrer Mutter widerspiegelt. Halley lebt im Hier und Jetzt – ihre Beziehung zu Moonee gleicht eher einer freundschaftlichen als einer mütterlichen.
Bobby (Willem Dafoe), der Manager des Motels, spielt eine ambivalente Rolle für das Leben im „Magic Castle“. Einerseits stellt er eine fürsorgliche Vaterfigur dar, welche von den unautoritär aufgewachsenen Kindern zwar oft nicht ernst genommen, aber dennoch geschätzt wird. Andererseits bedeutet ein Besuch von ihm zumeist, dass die Miete fällig ist. Da viele der Residierenden an der Schwelle zur Obdachlosigkeit stehen und, wenn überhaupt, oft nicht pünktlich bezahlen können, wird er gezwungenermaßen zum Richter über die Zukunft dieser Existenzen.
„You know why this is my favourite tree? 'Cause it’s tipped over, and it’s still growing.“ – Moonee
Während Baker eine unterrepräsentierte Randgruppe abbildet, schafft er es, diese mit vielschichtigen Charakteren und einem positiven Grundton der Erzählung respektvoll und mit Feingefühl darzustellen. Wir betrachten die Welt des Films durchwegs auf Augenhöhe der Kinder. Damit erfährt man Moonees Leben durch ihren Blick, von Farbenpracht und Euphorie geprägt. Weder appellierende Botschaften noch mitleiderregende Momente dominieren diesen Film. Vielmehr entsteht aus der Abhandlung des ganzen Spektrums von Problemen und Freuden etwas Authentisches – und das macht The Florida Project so sehenswert.
The Florida Projekt
Regie: Sean Baker
Filmstart: 16.03.2018
im Verleih von Thimfilm