Ein Märchen zu einer Zeichnung von Olivia Weiß
Es war ein Mädchen, das suchte einen Liebhaber. Aber die Hände der Männer waren Schraubstöcke, das machte die Arbeit am Feld. In der Mittagshitze nämlich stachen sie den Spargel und waren durstig und sehnten sich nach Körpern, die nicht hier waren. Und wenn sie glaubten, es höre sie nicht, sprachen sie auch über das Mädchen. Mit ihren Reden zogen sie ihm die Haut vom Fleisch, das machte die Einsamkeit.
Da lief das Mädchen fort und sprang in den See und schwamm hinaus, wo er am tiefsten war. Im Abendlicht glitzerte dort etwas, das sah so schön aus, als lägen dort Edelsteine am Grund.
Aber als es aufwachte, stand ein Jüngling neben ihm, der hatte es an Land gezogen. Der war schön wie kein zweiter und wohnte in einer Hütte nicht weit. Seine Umarmungen wärmten dem Mädchen die Haut, und seine Küsse lösten ihm die Krämpfe von den Gliedern. Und es schlief glücklich und träumte nichts.
Am Morgen dampfte der Kaffee in der Kanne. Und war da Käse und Brot und alles, was das Mädchen gerne hatte. Aber als es gegessen hatte, spürte es einen Stich, der ging ihm tief in die Brust, und es fasste danach und fand nicht mehr als einen Tropfen Blut.
Da lief es davon. Und seinem Liebsten rollte der Kopf vom Hals. Bleib bei mir!, rief der Kopf. Bleib bei mir! Und die Augen rollten wild vor Schmerz und die Lippen schürzten sich lustvoll. Da warf es sein Halstuch darüber und war für immer verschwunden.
Am nächsten Morgen kehrte es an den Hof zurück. Es sah den Arbeitern zu, die die schweißnassen Hemden übers Gatter hängten und sich die nackten Bäuche am Trog wuschen. Die Schönen fahren mir wie Messer in den Leib, dachte es. Vielleicht ist es doch besser, ich nehme einen von diesen Hässlichen.
Da hatte einer den Gedanken erraten, und wo einer ihn erraten hatte, errieten ihn alle, so laut dachten sie, und ihre Blicke saugten an seiner Haut.
Da lief es abermals fort und in die Berge, wo sie am höchsten waren. Ein Adler glitt dort durch die Luft, das sah so schön aus.
Da riss es einer zurück und trug es hinab ins Tal, den hatte das Alter geduldig gemacht. Und es erzählte die ganze Nacht, bis sein Herz leicht war, und schlief dann fest und sicher in der Hütte und träumte nichts.
Am Morgen dampfte der Kaffee in der Kanne. Und war da Käse und Brot und alles, was es gerne hatte. Aber als es gegessen hatte, spürte es einen Stich, der ging ihm tief in die Brust, und es fasste danach und fand nicht mehr als einen Tropfen Blut.
Da lief es davon. Und seinem Liebsten rollte der Kopf vom Hals. Bleib bei mir!, rief der Kopf. Bleib bei mir! Und ein Ohr riss sich los und wollte dem Mädchen nach wie ein Hündchen, und wollte in den Saum seines Kleides springen, damit es immer hören könne, was das Mädchen sagte.
Da schüttelte es sein Kleid aus und zertrat das Ohr, und war für immer verschwunden.
Und wieder stand das Mädchen am Acker. Und als sie dachten, es höre sie nicht, sprachen die Männer wieder über das Mädchen und sagten, es hätte sich nun zweien hingegeben, das Morgentäubchen hätte ihnen das gezwitschert, und wisse das Täubchen doch noch von so vielen anderen, die ungestillt zu Bette gingen, und in der Laube sei es kühl und die Pause noch lang genug.
Da lief es davon und in den Wald, wo der am dicksten war und wollte dort einem starken Ast ein Pendel machen. Aber die Nacht warf ihr schweres Tuch, bevor es fündig war. Da legte es sich unter einen Baum und umfasste eine Wurzel, die war sein Kopfkissen und zog die Zweige zu sich herab, die waren seine Decke. Es schlief und träumte, es sei jemand nachts bei ihr gewesen und hätte etwas in seinen Leib wachsen lassen. Davon schrak es hoch, aber fand sich noch ganz und völlig unverletzt und stark und frisch, sodass es mit dem Morgenlicht, das durch die Kronen brach, los lachte. Denn seine Haut war mit duftender Rinde überwachsen in dieser Nacht, und nie mehr würde jemand sie zerreißen können, und sei es auch der Liebste, der sich denken ließe.