Eigentlich ist er Bolivianer. Aber auch Deutscher. Lebt in Berlin. Sein Name klingt jedenfalls französisch. Und die Mutter kommt aus Chile. Der multi-nationale David Lemaitre war das Highlight am zweiten Tag des Blue Bird Festivals im Porgy & Bess.
Genauso wie die Staatenangehörigkeit ist auch die Musik von David Lemaitre nur schwer zu erfassen. Indie-Pop, melodisch, elektronisch, folkig, Lo-Fi und – und das macht ihn am Blue Bird doch zu etwas besonderem – ein dezenter Drang zum Stadion-Rock. Wären Coldplay bei ihren Wurzeln (und damit cool) geblieben, sie wären vielleicht ansatzweise so gut wie David Lemaitre.
Wie schon in den vergangenen Jahren stand der zweite Tag des (wieder ausverkauften) Blue Bird Festivals wieder unter dem Motto „lieb, lieber, Blue Bird“. Die familiäre Atmosphäre lud zum Schunkeln und Schmusen ein, die Musiker waren durch die Bank sympathisch, freundlich und mischten sich vor und nach den Auftritten auch gern unter die anwesende Indie-Fan-Gemeinschaft. Christy & Emily sprachen die amikale Atmosphäre sogar direkt an, in dem sie ironisch die These aufstellten, dass ohnehin jeder mit jedem hier verwandt sei (spätestens nach den Konzerten). Zu ihrer Verteidigung: die zwei Damen kommen auch aus New York, da kann einem die Intimität eines Porgy & Bess schon überraschen. Mit ihrem Lou-Reed-inspirierten, experimentellen Jazz-Rock gehörten jedoch auch sie zu den Gewinnern des Abends. Als witziger Side-Fact sei erwähnt, dass Christy Edwards (ihres Zeichens Gitarristin) und Emily Manzo (klopft die Klaviertasten) wider Erwarten nicht in der heimischen Kulturmetropole entdeckt wurden, sondern im Oberschwäbischen Scheer. Gottes Wege sind rätselhaft.
Die Fahne der Österreicher hielten Fräulein Hona hoch. Die vier Wienerinnen spielten lieben und braven Acoustik-Folk vom Debüt-Album the ground beneath our feet, mit mehrstimmigen Gesang und mehrfachem Instrumentenwechsel. Um bleibenden Eindruck zu hinterlassen, würde der Sound von Fräulein Hona jedoch noch mehr Ecken und Kanten benötigen.
Die englischen Headliner Dry The River offerierten dem Publikum abschließend Indie-Rock der klassischen Sorte. Peter Liddle, mit Tom-Petty-Gedächtnisfrisur geschmückt, und seine Burschen zeigten Mut zu Emotion und großen Gefühlen – passend zum neuen Album Alarms in the Heart, welches mit einem mitreißenden Auftritt fleißig promotet wurde. Ein würdiger Abschluss für einen gelungenen und charmanten zweiten Festival-Tag, welches ursprünglich ja als Nick-Drake-Tribut beginnen sollte, mittlerweile aber bis zu 1.500 Besucher anlockt. Der Vienna Songwriting Association sei’s gedankt.