St. Vincent | 17.11. | Arena

Annie Clark alias St. Vincent stattete der Wiener Arena einen Besuch ab und begeisterte diese mit unglaublicher Spielfreude, sportlichen Qualitäten und sowieso erstklassigen Songs. Eine Show ohne Gehabe, ein Abend mit Klasse!

St. Vincent
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19. November 2014
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Arena Wien

Eine Computerstimme, jener auf Radioheads Fitter Happier zum Verwechseln ähnlich, eröffnet den Abend. Eine Bitte an das Publikum im Namen der Künstlerin, nicht zu fotografieren und auch sonst lieb zu sein. Ersteres wurde kaum beherzigt, über mangelnde Zuneigung konnte sich Annie Clark alias St. Vincent in der Wiener Arena jedoch nicht beschweren. Zwar war die Stimmung in der etwa zur Hälfte gefüllten großen Halle anfangs noch etwas zurückhaltend, das änderte sich freilich recht schnell. Dafür sorgten unter anderem recht früh die Hits Digital Witness und Cruel, am meisten jedoch Clarkes aufrichtige Offenherzigkeit und gute Laune. Mit breitem Lächeln gab sie Anekdoten zum Besten und brachte Lebensweisheiten, die - anders als gängige Botschaften im Popbusiness - nicht cheesy rüberkamen, im Gegenteil: Dass die Show von St. Vincent stark von Inszenierung lebt, bewiesen Outfit, Körperverrenkungen und Bühnenbild in der Tat, stets jedoch mit selbstironischem Augenmaß und in authentischer Spielart.

Spritzigkeit, Humor und Text von Relevanz boten auch ihre Songs - Digital Witness etwa, das Social Media-Hysterie und Selbstdarstellungs-Wahnsinn aufs Korn nimmt: "If I can't show it/if you can't see me/What's the point of doing anything?" Ruhigere und energischere Songs wechselten sich ab, mal kletterte Annie Clarke auf einer Pyramide herum, mal performte sie Choreographien mit ihrer Keyboarderin Toko Yasuda, dann betrieb sie ihre Charmeoffensive beim Wiener Publikum weiter - fad konnte einem bei St. Vincent tatsächlich nicht werden.
Auch musikalisch geriet das Konzert ganz hervorragend, ein guter Sound und präzises Instrumentenspiel ergänzten Clarkes Spontaneität und Spielfreude. Nach etwa 75 Minuten war dann aber vorerst Schluss und die Band ließ sich erst von anhaltendem Jubel zurück auf die Bühne locken, wo Severed Crossed Fingers und Your lips are red in einer XXL-Version mit Finale Furioso dargeboten wurden: Die bereits von den Kletter-, Sing- und Tanzstrapazen gezeichnete US-Amerikanerin erklomm in einem Anflug von Höhenrausch den PA-Turm und animierte von dort das Publikum zum Weitertanzen. Dass dieses zu großen Teilen lieber die Smartphones zückte und mitfilmte, naja... Ditigal Witness eben.

Elisabeth Voglsam

Finger weg von meiner Paranoia, die war mir immer lieb und teuer.
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