Eine Schlange bahnt sich gemächlich ihren Weg durch den glühend heißen Wüstensand Arizonas. Die Sonne brennt herunter, vereinzelte Kakteen sind der Beweis, dass zumindest rudimentär Leben in dieser unwirtlichen Gegend möglich ist. Der Betrachter hält eine staubige Flasche Tequila in der Hand. Würde man die Musik von Calexcio in Bildern fassen wollen, es könnte so ähnlich aussehen.
Joey Burns und John Convertino, diese zwei Desperados aus Tucson, Arizona, sind so etwas wie die emotionale, melancholischere Ausgabe des sonst eher Josh-Homme-lastigen Desert Rock. Seit fast 20 Jahren veröffentlichen Calexico regelmäßig Alben, über die Zeit haben sie damit eine immer größere Anzahl von Fans um sich scharen können. Es könnte auch daran liegen, dass Calexico stets ihrem Stil, ein Mix aus Mariachi, Rock, Salsa, Country, Blues und World Music treu blieben. Selten klingt ein Song von Calexico wie der andere, dennoch bleibt der Sound unverkennbar. Am Mittwoch luden die Amerikaner im Rahmen der Tour zum aktuellen Album Edge of the Sun im Wiener Museumsquartier zum "Danza de la muerte" – und überraschten gleich in mehrfacher Hinsicht.
Nicht nur, dass sich Joey Burns als Nirvana-, KISS- und (tatsächlich) Wanda-Fan outete – sogar ein kurzes „Amore“ entfleuchte ihm – nein, nebenbei zeigte er sich auch als waschechter Stadionrocker und gab sich ausgesprochen gesprächig. Die melancholischen Parts des Calexico-Songkosmos wurden zurück geschraubt, die Gitarren lauter gedreht und das Publikum fleißig animiert. Wer die Band bisher nur von den Alben kannte, erlebte einen regelrechten „Wow“-Effekt. Für die Größe der Halle war dies auch durchaus angemessen, atmoshärisch hätte man vermutlich von einer kleineren, intimeren Location profitiert. Die Bühnentechnik war dafür angenehm dezent, ein optisches Schmankerl zwischenzeitlich die Silhouetten der Musiker vor blutroter Ausleuchtung.
Die Setlist fokussierte sich nicht ausschließlich auf das neue Album, älteren Klassikern wie „Crystal Frontier“, „Spokes“ oder „Splitter“ wurde großzügig Platz eingeräumt. Dem Publikum gefiel es, zwei Zugaben mit fünf weiteren Nummern waren der Dank der zu Spitzenzeiten zehn Musiker. Speziell erwähnt werden muss zudem noch Gaby Moreno, welche den Opening Act gab und später auch mit den Headlinern auf der Bühne stand. Die Musik der zierlichen Guatémaltecin war nah an der Ausrichtung von Calexico, angereichert mit einem beherzten Country-Rock-Einschlag. Auch das Ry-Cooder-Cover „Across the borderline“ unterstrich den Eindruck einer lateinamerikanischen Honkey-Tonk-Woman.
Fazit: Das Publikum bekam eine routiniertes, überraschend rockiges und zu jeder Minute unterhaltsames Set geboten, untermauert mit psychedelischen Elementen von grandiosen Musikern. Die Atmosphäre litt teilweise unter der Locationgröße, nichtsdestotrotz ein starker Auftritt einer starken Band. Absolut sehens- und hörenswert.
Wüstenflimmern im November: Calexio entdecken den Stadionrock
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