Mehr als nur ein Konzert

Dass Pop-Punk und alles was dazugehört noch lange nicht tot ist, belegten Neck Deep und ihre Supportacts am 27.10.2017 im WUK.

Schon vor 19:00 Uhr sah man eine lange Schlange vor dem restlos ausverkauftem WUK in Wien. Einige der Fans kamen schon in den Nachmittagsstunden um sich einen Platz in den ersten Reihe zu sichern und Neck Deep und ihre Vorbands ganz nahe zu sein. Eine Viertelstunde später starteten auch schon Blood Youth aus England in den Abend, allerdings nur vor halb gefüllten Saal, da der Einlass und die Abgabe bei der Garderobe noch nicht fertig abgewickelt waren.

A Reason To Stay
Die Melodic Hardcore Band ließ sich nichts anmerken und legte mit "Making Waves" von ihrem Debütalbum Beyond Repair los. Die Songs von Kaya Tarsus (Gesang), Chris Pritchard (Gitarre), und Sam Hallett (Drums) erwiesen sich ein bisschen härter als die des restlichen Pop-Punk Stücke, die es später von ihren Kollegen zu hören gab. Dennoch störte das nicht, den die melodiösen Parts gingen sofort ins Ohr und auch dem Großteil der stetig anwachsenden Menge in der Halle, schien der Auftritt der Briten zu gefallen. "Parasite" und "I Remember" folgten und die Kaya beeindruckte mit seiner Stimme und auch der Rest der Band zeigte eine solide Performance. Es sei ihre erste Österreich Show,  ließen sie das Publikum nach ausführlichen Dankesworten wissen und schossen gleich noch "Closure" und "Failure" nach. Zu diesem Zeitpunkt bildeten sich die ersten kleineren Circle Pits und Moshpits und Blood Youth genossen ihren Auftritt immer mehr. Mit dem eingänigen "Reason To Stay"  beendeten sie ihren Auftritt und machten Platz für Real Friends.

Typischer Pop-Punk
Doch bevor die fünf Herren aus Chicago auf die Bühne durften, bekam ein Vertreter der Non Profit Organisation Hope For The Day das Mikrofon, deren oberstes Ziel die Prävention von Selbstmord ist und die Menschen mit psychischen Problemen hilft. Eine tolle Sache, die auch den Bands auf der Tour ein Anliegen war. Noch ein kurzer Anheizer und der Pop-Punk Teil dieses Abends begann. Real Friends kämpften allerdings zu Beginn mit dem Sound und Gitarren und Drums verschluckten die Vocals von Dan Lampton ziemlich. So stach das Ganze auch musikalisch nicht wirklich heraus und wirkte auf den ersten Blick als hätte man einfach eine klassische Formel für dieses Genre angewandt. Die Besucher störte diese Tatsache jedoch nicht und diese fingen nun neben Circle Pits auch mit dem Crowdsurfing an. Textsicher sangen sie die Lyrics der Gruppe mit, die ebenfalls ihren ersten Gig in Österreich hatte. Mit der Zeit besserte sich der Sound und "I Don't Love You Anymore" und "Late Nights In My Car" hörte man endlich, dass doch nicht jedes Lied gleich klingt. Auch wenn die Band sich bemühte und freute, dass viele Fans extra für sie kamen und feierten, wirkte die Darbietung aufgrund der technischen Probleme nicht ganz so aufregend.

Mehr als Okay
Ein ganz anderes Bild bot sich bei As It Is, die zwar bei einigen Leuten ein bisschen für ihre junge und weibliche Fanbase verschrien sind, bei deren Set man dann doch leicht ins Staunen geriet. Der Mann hinter dem Mischpult hatte hier ein glücklicheres Händchen und Sänger Patty Walters verstand es die Menge -und wahrscheinlich auch die meisten der Zweifler- von der ersten Sekunde an in seinen Bann zu ziehen. Ständig in Bewegung dirigierte er die Menge sicher durch die Show und präsentierte mit Patrick Foley (Drums) Benjamin Langford-Biss (Gitarre/Gesang) und Alistair Testo (Bass) Lieder wie "Okay", "Soap" und "Pretty Little Distance". Allerdings rückten angesichts Pattys beachtlicher Bühnenpräsenz seine drei Mitstreiter wohl oder übel ein wenig in den Hintergrund. In der Halle wurde zum ersten Mal auch am Rand die Stimmung richtig spürbar und ob man es wollte oder nicht, man fühlte sich an Konzerte von Bands der  'early 2000s'  zurückversetzt. Nach "Hey Rachel" und "Dial Tones" fragte man sich tatsächlich, ob der Headliner überhaupt noch eines draufsetzen konnte.
 

Music brings people together
Obwohl die Latte durchaus hoch lag, enttäuschten Neck Deep nicht, als sie mit "Happy Judgement Day" vom aktuellen Album The Peace And The Panic begannen. Der Ruck der durch das Publikum ging, als die Waliser auf die Bühne stürmten, war nicht von schlechten Eltern und die Temperatur stieg nochmals an. Sänger Ben Barlow, Bassist Fil Thorpe-Evans, Drummer Dani Washington und die beiden Gitarristen Sam Bowden Matt West lieferten einen Mix aus Stücken der neuen CD und älteren Hits. Spätestens bei "Motion Sickness" stand kaum noch wer im WUK still. Sogar die ein bisschen eigenartig abgemischten backing vocals des Hauptacts nahm man bei so viel Euphorie gerne in Kauf. Bei "Don't Wait" holten die Briten für Sam Carters (Architects) Part nicht Kaya Tarsus, sondern dieses Mal einen anderen Freund auf die Bühne, der sich tapfer -jedoch mit mäßigen Erfolg- schlug. Mit "December" und "Wish You Were Here" stand ebenso ein kurzer Acoustic-Teil auf dem Programm, wobei es der zweite Song war, der für die großen Gefühle sorgte. Davor sprach der Sänger offen über den Verlust des Vater, den Fil und er vor einiger Zeit durchmachten. Neck Deep wiesen nochmals auf Hope For A Day hin und dass niemand alleine ist. Musik bringt die Leute zusammen und sie würden hoffen, dass die Zuseher mehr vom Konzert mit nach Hause nehmen, als nur den Fakt, fünf Typen die Musik spielen, gesehen zu haben. "Where Do We Go When We Go"  wählten sie als allerletzte Zugabe und das Publikum grölte das "Pain pain, go away, come back another day" eifrig mit. Ben Barlow kletterte außerdem noch auf die Absperrung um näher an den Fans zu sein und diese dankten es ihm und den restlichen Mitgliedern mit tosendem Applaus.

Während also die Pop-Punk Bands der 2000er Jahre immer älter werden, hält diese junge Generation an Acts den Spirit dieses Genres für die Außenseiter und anders denkenden Menschen weiter relevant. Es gibt immer noch das Gefühl der Dazugehörigkeit und des Verstandenwerdens, selbst wenn man (noch) niemand in der Halle persönlich kennt. Und das ist immer noch gut so!

Stephanie Ambros
Kathrin
Suppanz