Vegan für 4 Wochen - Ein Selbstversuch

Vier Wochen sämtliche tierische Produkte vom Speiseplan streichen und weder Fleisch, Fisch, Käse, Eier noch Honig essen. Wie soll das gehen? Im November 2012 entschloss ich mich spontan, es auszuprobieren. Lest hier über meine Erfahrungen.

Eines vorweg: meine Erfahrungen waren überraschend – und fast ausschließlich positiv. Und ich habe Dinge gemacht, die ich in den nächsten 20 oder 30 Jahren eigentlich nicht vorhatte, wie selber Schokolade herstellen oder Brot backen.



Wie alles begann



Meine Neugier auf vegane Küche begann mit einem Fernseh-Auftritt vom veganen Star-Koch Attila Hildmann, bei dem er sein neuestes Kochbuch Vegan For Fit vorstellte. Als ich das Buch wenige Tage später zufällig im Buchladen liegen sah, konnte ich nicht anders als es nach kurzem Durchblättern sofort zu kaufen. Zu vielversprechend sahen die Gerichte aus, zu vielversprechend klangen die Verbesserungen, die man durch eine Ernährungsumstellung erreichen sollte: Kraft- und Ausdauerzuwachs, höhere Konzentrationsfähigkeit, mehr Ausgeglichenheit, bessere Laune, weniger Hautunreinheiten, chronische Müdigkeit und Schlafprobleme sollten sich verringern. Da das Buch als 30-tägige Challenge aufgebaut ist, beschloss ich, diese 30 Tage durchzuziehen, komme was wolle.


Kulinarische Highlights



Dank der vielen abwechslungsreichen Rezepte war das Durchhalten kein Problem und einfacher als erwartet. Wer sich Rohkost und Körner erwartet, wird von der Vielfalt überrascht sein, die die moderne vegane Küche bietet. Auch vor dem bösen Wort „Tofu“ muss man nicht zurückschrecken.

Die Meinung, dass Tofu nicht schmeckt, muss man nach dem Probieren der Gerichte nämlich revidieren. Tofu schmeckt zwar tatsächlich nach nichts, aber genau das ist auch seine Stärke: man kann ihn nämlich in so gut wie alles „verwandeln“, man muss nur wissen wie und wo man ihn richtig verwendet. Ich habe daraus zum Beispiel Rührei (Bild 1) gemacht. Der Unterschied zu „echtem“ Rührei war, natürlich auch aufgrund der gelben Farbe, die durch Kurkuma entstanden ist, fast nicht zu schmecken. Besonders interessant ist auch die Verwendung als Hackfleisch für Spaghetti Bolognese (Bild 2): die Spaghetti werden mit einem Spiralschneider geschnitten, so dass sie aussehen wie Spaghetti-Nudeln. Dazu wird zerbröselter Tofu in einer Pfanne angebraten, Tomatenmark und Gewürze dazu – die Täuschung ist perfekt und ein echtes Geschmackserlebnis.

Zu den weiteren Highlights gehören beispielsweise „Moussaka reloaded“ (Bild 3; mit Tofu-Hack, Melanzani und Süßkartoffeln), „Melanzani Mexican Style“ (Bild 4; Melanzani gefüllt mit Kidney-Bohnen und Tomatenmark), Kürbis-Paprika-Gemüse mit Kokos-Tofu-Sticks, Zucchini-Lasagne mit Bolognese-Füllung, weiße Bohnen in Tomate-Basilikum-Soße, die „Mixed Forces Platte“ (Bild 5) bestehend aus Kürbis-Pommes, selbstgemachtem Humus, Melanzani und Brokkoli, Rote-Linsen-Suppe (Bild 6), Erbsen-Suppe (Bild 7) und der geniale Burger mit Chili-Ketchup (Bild 8), bei dem vom Burger-Brot bis hin zum „Hamburger“ alles komplett selbst hergestellt wird. Auch an Süßspeisen bietet die vegane Küche eine große Auswahl, von Pancakes (Bild 9) über Panna Cotta bis hin zur selbstgemachten Schokolade (Bild 10).



Das Problem mit der Soja-“Milch“



Bereits im Vorfeld habe ich gelesen, dass einige Neu-Veganer Probleme mit Soja-“Milch“ haben. Einige litten unter Verdauungsproblemen, anderen schmeckte sie schlichtweg nicht. Genauso ging es auch mir: ich hatte das Gefühl Milch zu trinken, in die Getreide hinein gerieben wurde – untrinkbar. Da ich als Kaffee-Junkie aber unbedingt Milch-Ersatz benötigte, habe ich mich auf die Suche nach Alternativen gemacht und bin schließlich nach einigem Herumprobieren fündig geworden: Soja-“Milch“ mit Vanille Geschmack (genauer gesagt: Soja-Drink mit Vanille Geschmack, Soja-Getränke dürfen sich nämlich nicht „Milch“ nennen), die durch den süßen Eigengeschmack sogar Zucker oder sonstige Süßungsmittel obsolet macht. Wer auf Soja-“Milch“ umsteigen möchte sollte also nicht sofort verzweifeln und nach dem ersten Probieren aufgeben: es gibt unzählige Varianten von Soja-Drinks, von pur und ungesüßt oder gesüßt bis hin zu Soja-Drinks mit verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Vanille oder Schokolade. Außerdem schmeckt der Drink je nach Hersteller unterschiedlich. Gründe, auf Soja-Drinks umzusteigen gibt es jedenfalls genug: Soja ist von Natur aus gesund, enthält viel Eiweiß und wertvolle Pflanzenstoffe, zB Isoflavone, die Krebs vorbeugen. Außerdem enthalten Soja-Drinks kein Cholesterin und sind laktosefrei, was gut für Herz und Kreislauf ist. In Zeiten, in denen immer mehr Menschen eine Laktose-Intoleranz entwickeln, stellen sie also eine perfekte Alternative dar.



Vegane Alltagsprobleme



Das größte Problem während der vier Wochen war der manchmal unberechenbare Alltag. Unterwegs etwas veganes zu essen ist fast unmöglich, zumindest wenn man gerade neu damit angefangen hat und oft nicht weiß, wo tierische Produkte enthalten sind und wo man unterwegs bedenkenlos essen kann. Jedes mal, wenn ich abends nicht zu Hause essen konnte, weil ich zum Beispiel auf einem Weihnachtsmarkt oder auf der Uni war, habe ich mir mittags zu Hause etwas vorbereitet und das mitgebrachte Essen dann vor Ort gegessen.
Außerdem habe ich möglichst wenigen Leuten von meinem veganen Ernährungsgewohnheiten erzählt, da ich immer das Gefühl hatte, mich sonst ständig verteidigen und erklären zu müssen. Eine Sache, an die man sich an Veganer wohl gewöhnen muss, genauso wie an die oft komischen Blicke, die man erntet, wenn man sich dann doch als Veganer „outet“. 

Fazit

Die Vier-Wochen-Challenge ist für mich seit Weihnachten vorbei, die Zeit für ein Fazit ist gekommen. Tatsächlich trafen viele der eingangs erwähnten Verbesserungen ein: meine chronische Müdigkeit ist praktisch verschwunden, ich schlafe besser, meine Konzentrationsfähigkeit wurde besser, mein Hautbild hat sich verbessert, ich fühle mich insgesamt wohler und aktiver und meine allgemeine Stimmung hat sich verbessert. Nebenbei bin ich wahrscheinlich der einzige Mensch weit und breit, der in der Vorweihnachtszeit ab- statt zugenommen hat.

Zu Beginn der vier Wochen war ich mir eigentlich sicher, dass ich danach wieder „normal“ essen und nur hin und wieder einen veganen Tag oder eine vegane Woche einlegen werde. Nachdem ich über die Weihnachtsfeiertage einige „Fleischesser-Tage“ eingelegt habe, ist die Entscheidung aber eine andere: unterm Christbaum lag gleich das nächste vegane Kochbuch und ich werde mich, mit der einen oder anderen Einschränkung, weiter vegan ernähren, so lange, wie ich Lust darauf habe und es mir damit gut geht. Falls ich plötzlich Lust auf Fleisch habe, dann werde ich Fleisch essen. Auch unterwegs werde ich mich nicht vollkommen auf rein pflanzliches einschränken, da es mir einfach zu aufwändig ist, mühsam nach veganem Essen zu suchen und es manchmal schwer vermeidbar ist auswärts zu essen. Schließlich geht es ja darum sich besser zu fühlen und nicht darum sich zu quälen oder sich das Leben unnötig schwer zu machen. 



Zum Abschluss noch drei Buchtipps für den Einstieg in die moderne vegane Küche:

Vegan For Fun (von Attila Hildmann, erschienen bei Becker Joest Volk Verlag)

Vegan For Fit (von Attila Hildmann, erschienen bei Becker Joest Volk Verlag)

Vegan kochen für alle (von Björn Moschinski, erschienen bei Südwest Verlag)

Elisabeth Voglsam

Finger weg von meiner Paranoia, die war mir immer lieb und teuer.
Instagram: vogigram