Selbstfindungstrip

Sarah Kuttner erzählt in "180 Grad Meer" die Geschichte einer jungen Frau auf der Suche nach Einklang in ihrem Leben. Ein grundsätzlich schwieriges Thema, das sich allerdings schnell als seichte Lektüre entpuppt.

Silvester (2015)- ein Abschluss und ein Neuanfang. Genau an diesem Tag veröffentlichte die beliebte Moderatorin und erfolgreiche Autorin Sarah Kuttner nach zwei Büchern mit ihren Kolumnen und zwei Romanen nun ihr neues Buch "180 Grad Meer".

Bloß weg von hier, denkt sich Protagonistin Jule und flieht von ihrem Leben in Berlin nach Großbritannien. Zuerst quartiert sie sich einmal bei ihrem Bruder ein, der in einer Studenten-WG in London lebt. Danach geht es mit einem frisch aufgegabelten Hund an die Küste, Richtung Meer, weil Juliane das nun mal Meer liebt. Es beruhigt sie. Und Ruhe und Anonymität hat sie bitter nötig. Ihre Eltern sind geschieden. Zu ihrem Vater hat sie ein schwieriges bis gar kein Verhältnis, als sie klein war hat er die Familie verlassen. Die Mutter quält ihre Tochter mit Anrufen und will vor allem Aufmerksamkeit.
Bevor es nach England ging, war Jule Sängerin in einer Bar, hatte einen Freund, war allerdings nicht so wirklich glücklich mit diesem Leben. Unzufrieden mit sich selbst und dem großen Ganzen. Da half auch eine kleine Ablenkung mit dem Chef nichts. Ihre Auszeit soll nun endlich Klarheit in das Gefühlswirrwarr bringen.
Anfänglich bringt die Großstadt auch den gewünschten Erfolg und sie kann ihre Gedanken einigermaßen verdrängen. Dennoch werden ihr die Leute und Probleme bald zu viel und sie schlägt ihre Zelte in Südengland auf. Der Kontakt zu ihrem Vater, der vor Jahren mit seiner neuen Frau in ein Haus in Pevensey gezogen ist, erschwert allerdings ihren Weg, einen Abschluss mit der Vergangenheit und Harmonie in ihrem Leben zu finden. Aber sie versucht sich durchzukämpfen...

Fazit

Trotz Jules Problemen ist die Story zeitweise ganz lustig, was Sarah Kuttners spritzigem Schreibstil zu verdanken ist. Ab und zu wirkt die Ausdrucksweise allerdings zu affektiert. Überhaupt erscheint der Roman "180 Grad Meer" ein wenig zu gewollt und bekommt trotz des ernsten Themas nicht so wirklich Tiefe. Die in der Ich-Perspektive geschriebene Geschichte plätschert einfach nur so dahin. Einige Male würde man Jule am liebsten eine kleben, um sie aufzuwecken oder ihr einen guten Psychologen empfehlen. Ihre ständig wiederkehrende Unzufriedenheit mit der Welt und vor allem sich selbst, nervt mit der Zeit ordentlich und macht es nicht gerade leicht das Buch fertig zu lesen. Die Geschichte ist keine, die aus der Masse heraussticht, sondern nur eine unter vielen und würde ebenso gut in eine Frauenzeitschrift passen. Einige Macken und Charakterzüge der Hauptperson erinnern ein bisschen an die der Protagonistinnen in Kuttners vorangegangenen Romanen "Mängelexemplar" und "Wachstumsscherz". Große Sarah Kuttner Fans werden mit "180 Grad Meer" ihre Freude haben, für den Rest gehört es nicht zwingend auf die "Must-Read-Liste".

 

180 Grad Meer
von Sarah Kuttner
erschienen bei S.Fischer
gebundene Ausgabe, 272 Seiten, 19,60€ (A)
ISBN: 978-3-10-002494-7

Stephanie Ambros