Morgengrauen - Band 1 der Red Trilogie

In einer nicht allzu fernen Zukunft kontrollieren Sicherheitsunternehmen (SUs) die globale Politik und Wirtschaft. Man wartet nicht mehr bis irgendwo ein Konflikt ausbricht, an dem man verdienen kann, sondern sorgt einfach dafür dass sich zwei verfeindete Parteien bekriegen. Das Konzept dahinter ist simpel: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Doch dann explodieren auf amerikanischem Boden Atombomben und das Konzept der SUs gerät massiv ins Wanken.

In einem ländlichen Gebiet der afrikanischen Sahelzone befehligt Lieutenant James Shelley eine hochtechnisierte Einheit von Soldaten, genannt VKG - Vernetzte Kampfgruppe. Während grauenvoller Patrouillen jagen jede Nacht sie Aufständische und befolgen dabei drei einfache Ziele: Beschützt Zivilisten, tötet den Feind und bleibt am Leben. Denn in einem von der Verteidigungsindustrie inszenierten, profitorientierten Krieg gibt es keinen Grund, aus dem man sterben sollte.

Shelley nutzt sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Hightech-Hilfsmittel, um seine Soldaten am Leben zu halten . Trotzdem ist seine beste Waffe sein untrügerisches Gespür, wenn Gefahr droht - als stünde ihm Gott bei, um ihm warnend ins Ohr zu flüstern. In seinem Trupp hat er schon den Namen König David und auch im Hauptquartier bleibt dies nicht unbemerkt.   Gerüchte beginnen zu kursieren und die Menschen beginnen und die Menschen fangen an Fragen zu stellen, denn der Instinkt des  Lieutenant erweist sich treffsicherer als die gesamte High-Tech-Maschinerie des Militärs. Ist es wirklich Instinkt? Oder wurden seine Implantate gehackt? Welche Intrigen laufen im Hintergrund?

Fazit

Linda Nagata hat hier eine Military-Science-Fiction Trilogie geschaffen, die tiefgründiger ist und nicht nur  alles auf modern effiziente Weise in Schutt und Asche legt. Natürlich gibt es Kampfszenen und Action,  es wird aber auch eine Gesellschaft aufgezeigt, die der unseren sehr ähnlich ist. Nur in der technischen Entwicklung unserer Gesellschaft ein paar Jahrzehnte vorraus ist. Die Technologie hat enorme Fortschritte gemacht, die Konzerne sind noch effizienter und mächtiger und der Globus ist der Spielball der Elite. Die dargestellte Entwicklung ist glaubwürdig mit unserer globalen Lage verknüpfbar. Nichtsdestotrotz gehen nicht alle Entwicklungen in die gewünschte Richtung. Künstliche Intelligenzen fangen an ein Eigenleben zu entwickeln und nicht jeder Befehslempfänger ist von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt.

Das Buch ist flüssig geschrieben, die Handlung rasant und somit von der ersten Seite an spannend zu lesen. Die Mischung aus Action und Tiefsinn ist ausgewogen. Dennoch hat man als Leser manchmal das Bedürfnis nach mehr. Die Charaktäre hätten besser beschrieben werden können, sowohl ihr Erscheinungsbild, als auch ihr Wesen und Charakter. Schließlich sind nicht nur Platzhalter für die Handlung, sondern geben der ganzen Geschichte erst Leben. Lediglich Shelley kommt als Hauptperson nicht zu kurz. Bei den anderen Protagonisten und Antagonisten hätte ich mir mehr als eine Hülle mit Namen gewünscht. Mit 528 Seiten hat man hier ausreichend Lesestoff für das Wochenende inklusive der Nacht, der kaum ins Stocken kommt.  "The Red: Morgengrauen" ist also keine oberflächliche Lektüre, sondern bietet hohen und unterhaltenden Lesespaß. Jedoch würde der Wälzer noch genug Potenzial für eine Ausweitung bieten. Vereinzelt gibt es Szenen die nicht wirklich stimmig sind. Als Leser hat man das Gefühl, dass etwas fehlt ohne, dass man den Finger genau darauf legen kann. In diesem Punkt mehr Tiefe und Detailreichtum, kombiniert mit einer umfangreichen Beschreibung und Charakterisierung der agierenden Personen, würde das Buch auf meiner Liste der absolut lesenswerten Bücher weiter nach oben schieben. Außerdem wäre die eine oder andere überraschende Wendung in der Geschichte die Priese Chili, die dem Titel "Red" das nötige Feuer geben würde. Dessen ungeachtet war es spannende Lektüre und ich bin schon auf die beiden nachfolgenden Teile der Trilogie gespannt. Vielleicht kommt dort die eine oder andere überaschende Wendung und gibt dem Werk einen interessanten Spin, der im ersten Band nicht erkennbar war.

Das Buch ist 2013 erstmalig auf Englisch im Eigenverlag Mythic Island Press LLC erschienen und war das erste selbstverlegte Buch, das für den Nebula Award und den John W. Campbell Memorial Award nominiert war. Erst später erhielt Saga Press/Simon & Schuster die Rechte zum Abdrucken und Ende 2016 erschien es nun bei Cross Cult auch auf Deutsch.

The Red: Morgengrauen (Band 1 der Trilogie)
von Linda Nagata
erschienen bei Cross Cult
Taschenbuch, 520 Seiten,16,00 € (A)
ISBN: 978-3-95981-152-1

Markus Gollner