Frequency 2015 | Tag 1

Das 15. Frequency Festival ist voll angelaufen und bot am ersten Tag neben Gatsch und Staub auch starke Auftritte musikalischer Natur. Der erste Tag in Wort und Bild!

Frequency 2015
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21. August 2015
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St. Pölten

Fünfzehn Jahre jung ist das Frequency also und kein bisschen müde. Viel hat sich getan in diesen Jahren, Locations wurden gewechselt, Konzepte entwickelt, unterschiedliche musikalische Wege eingeschlagen und neue Gäste begrüßt. Eins hat sich jedenfalls nicht geändert: Das Festival startet und Karl Fluch vom Standard haut einen skeptischen Artikel in die Tastatur. So verlässlich, dass das Gap dieses Jahr schon vorab eine Parodie der unweigerlich anstehenden Zeilen veröffentlichte, die dem wenige Tage später von Karl Fluch himself publizierten Text unwahrscheinlich nahekam. Traditionsgemäß schlug der Standard-Redakteur dabei die Brücke zu Maturareisen und anderen Besäufnissen und monologisierte in unterhaltsamer und eloquenter Weise, aber schlussendlich auch etwas kulturpessimistisch und altklug, über das Verhältnis der Festivalgäste zur Musik. Und ja, man kann das Frequency tatsächlich als alkoholbefeuertes Campingplatz-Event verstehen, man kann aber auch das Glas halbvoll sehen und das Programm genießen.

Das Irish Rock-Trio The Script sorgte am ersten Festivaltag für einen ersten kleinen Ansturm auf die Space-Stage. Merkte man vor allem dann, wenn man gerade auf dem Weg in die entgegengesetzte Richtung zu José González auf der Green Stage war. Ein volles Wembley-Stadion, wie The Script es bereits kennen, ist dann zwar doch etwas anderes, aber die Stimmung dürfte sich in den staubigen Gefilden vor der großen Bühne dem Hörensagen nach ausgezeichnet ausgenommen haben.
Der Schwede José González wiederum setzt auf intime Atmosphäre und scheut die große Geste, eigentlich fast schade, wenn man im Nachhinein liest, dass er sich im Interview mit FM4 zur Flüchtlingssituation geäußert und eine Lanze für die Solidarität gebrochen hat. Wäre eine schöne Botschaft gewesen!
So war eben die Musik des Schweden der Hauptdarsteller und der Sänger von Junip brachte mit seinem Soloprojekt eine schöne, melancholisch-fragile Stimmung auf die in der Dämmerung liegende Green Stage, werkte sich mit seinen Bandkollegen durch den Songkatalog und zauberte mit "Tear Drops" ein wunderbares Cover aufs Parkett. Schluss war standesgemäß mit "Heartbeats", dieser Übernummer. "Ten days of perfect tunes" heißt es da an einer Stelle und gemäß diesem Motto hieß es dann auch schon Abschied nehmen, um die nächsten Bands zu erkunden. Erstes kleines Highlight jedenfalls!

Alt-J waren irgendwie die große Unbekannte an diesem Tag, weil klar, die Musik kennt und schätzt man, aber wie sich die ambitionierten Mosaik-Klänge dann auf einem Mega-Festival schlagen, war schwer einzuschätzen. Die Antwort ließ nicht lang auf sich erwarten, sie lautete: ganz ausgezeichnet. Dunkel wars schon und der gefrickelte Soundteppich der Briten waberte herum wie eine Wattewolke. Eingepackt in die zwei Hits "Hunger of the Pine" als Opener und "Breezeblocks" als Raushauer machte die Band mit dem standesgemäßen Hipster-Dreieck im Logo vieles richtig und kombinierte die eklektische Musik mit einer einprägsam-schiefen Stimme. Und wenns zwischendurch mal kurz einschläfernd zu werden drohte, kamen aus A1-Werbungen bekannte Songs (deren Alt-J ja mehrere haben) dran und da war unser werbegeschädigtes Ohr gleich wieder hellwach und fühlte sich abgeholt. So oder so jedenfalls ein schwer solider Auftritt der Truppe aus Leeds, die im Herbst - wie soeben verlautbart - wieder nach Wien kommt.

Zeit für einen ersten Besuch auf der Weekender-Stage, die mit dem Charme einer Mehrzweckhalle einen Haufen formidabler Bands eine Bühne bietet. So auch den mit Heimspiel-Bonus angereisten Catastrophe&Cure, denen es absolut zu wünschen wäre, Hallen dieser Größe in naher Zukunft auch einmal zu füllen. Das ursprünglich aus Steyr stammende Sextett hatte vor zwei Jahren bereits einen Auftritt am Frequency Festival, allerdings einen der eher undankbaren Art. Auf dem Red Bull-Brandwagen, mit lausigster Sound-Anlage und in ständiger Konkurrenz zum benachbarten Desperados-Stand, wo Chartshits im Karaokemodus gegrölt werden dürfen. Die ungleich professionelleren Bedingungen 2015 nutzte die Band denn auch, um sich ein wachsendes Publikum zu erspielen und Perlen aus ihren zwei Alben "Like Crazy Doves" und "Undeniable/Irresistible" zum Besten zu geben. Eindeutig der größte Fan war jedenfalls ein Security, der während "Coward" drei sich in mäßig gedämpfter Lautstärke unterhaltende Festivalgäste zur Ruhe ermahnte. Und sich dann wohl auch über die Zugabe und generell den starken Auftritt der Band freute.

Draußen auf der Space Stage verortete sich einstweilen Major Lazer in der "Generation Zappen" und sampelte, was das Zeug hielt, ohne einen angespielten Song länger als eine Minute wirken zu lassen. Die Menge vor der Bühne war durchaus respektabel, die Bereitschaft zur Interaktion durchaus vorhanden und so verflog die letzte halbe Stunde des Auftritts wie im Flug, allerdings auch ohne bleibenden Eindruck.
Vom Headliner der Bühne, den Chemical Brothers, haben vorangegangene, viele Jahre zurückliegende Shows in Österreich einen ausgezeichneten Ruf und offene Münder ob der massiven Lasershow hinterlassen und so wunderte es doch ein wenig, dass sich vor der Bühne nur ein paar Tausend Leute einfanden. Aber gut, der Casper auf der Green Stage hat eben seine eigenen Qualitäten und mit flotten YOLO-Lyrics ist man eben doch gefälliger als mit einer radikalen, distanzierten Electronic-Show. Vielleicht spielte es auch eine Rolle, dass die eine Hälfte des Duos - Ed Simons - im Moment nicht mit auf Tour ist, muss er doch eine Arbeit für sein Studium rechtzeitig fertigschreiben. Kein Schmäh. Aber merkte man sowieso nicht, von der Bühne knarzten Beats und strahlten Laser, die große, etwas störungsanfällige LED-Wand im Hintergrund der Bühne wurde mit der Zeit auch wieder fit und knallte die Visuals nur so hin, dass es eine Freude war. Das Set selbst war eine schöne Mischung aus alten Hadern ("Hey Boy, Hey Girl") und neuen Tracks ("Sometimes I feel so deserted") vom aktuellen Album "Go" und doch spielten die Chemical Brothers die Bühne eher leer. Gut möglich, dass viele nur auf "Galvanize" gewartet hatten, aber das kam erwartungsgemäß erst am Ende und setzte einen würdigen Schlusspunkt für diesen ersten Tag am Frequency 2015, der einige spannende Programmpunkte und Überraschungen zu bieten hatte. Läuft soweit. Aja, nochwas: Ab ins Lagerhaus und Gummler kaufen!
 

Elisabeth Voglsam

Finger weg von meiner Paranoia, die war mir immer lieb und teuer.
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