Back Again

Nach zwei Jahren kamen You Me At Six endlich wieder nach Wien und sorgten für guten Sound und ein dampfendes Flex. Mit dabei hatten sie außerdem vielversprechende Vorbands.

Obwohl im Gasometer eine amerikanische Pop-Punk Band ihre All-Time Hits spielte, zeigte sich das Flex ebenso recht gut gefüllt. You Me At Six spielen mittlerweile nicht mehr nur ihren Pop-Punk von vor 10 Jahren, sondern haben ihren Sound weiterentwickelt. So ist für jeden etwas dabei. Doch bevor das Quintett aus Surrey nach ihrem umjubelten Arena- Auftritt 2017 endlich wieder in Wien rockten, durften die Supportacts ihr Können beweisen.

„You don‘t know how we are, but you are about to...“ stellten sich Jim Shaw (Gesang,Gitarre), Han Mee (Gesang, Gitarre), Tom Paton (Bass) und Harry Deller (Schlagzeug) alias Hot Milk als erste Band des Abend vor. Das Quartett aus Manchester spielte einen Mix aus Power-Pop/Pop-Rock der mit dem abwechselnden Gesang zwischen Boy & Girl, der an einen Bands wie We Are The In Crowd denken ließ. Stimmlich erinnerte Han Mee allerdings eher an Bonnie Fraser von Stand Atlantic. Doch das machte gar nichts, denn die Melodien gingen ins Ohr, fetzen an den richtigen Stellen und brachten das Publikum schon mal auf Betriebstemperatur. Wie Shaw richtig sagte: „Vienna, let‘s get this fucking party started“. Für eine ruhigere Nummer durften auch mal die Handylichter ausgepackt werden. Bassist Tom Paton sprang bei den rockigen Nummern unermüdlich auf der Bühne auf und ab, stellte sich schon mal auf die Drums, und ließ es sich auch nicht nehmen zum Abklatschen durch den Graben zu laufen. Zum Abschluss gab es noch die vor zwei Wochen veröffentlichte Single "Awful Ever After".

Als nächstes bekam die Menge Alternative Rock der vielversprechenden Band Big Spring aus Brighton zu Gesicht. Sänger und Gitarrist Ollie Loring, Bassist Alex Loring, Gitarrist Jack Rowan und Drummer Chris Steele spielen Alternative-Rock im Stil der 90‘s mit der nötigen Pop-Sensibilität und in ihrer Heimat Großbritannien gehören schon Radio Djs wie Daniel P. Carter zu ihren Fans. Als Ollie Loring an diesem Abend die Bühne mit einer Pelzjacke und seinen halblangen offenen Haaren betrat, hatte man kurzzeitig sofort Alex Turner von den Arctic Monkeys im Kopf. Die musikalische Ausgereiftheit des Quartetts und ihr Selbstbewusstsein trugen vielleicht ihr übriges dazu bei. Das an dieser Stelle allerdings wohlgemerkt als Kompliment gemeint man natürlich noch einen Haufen weiterer Bands aufzählen könnte! Songs wie "Cold Foot" und "Buzzards Leave the Bones" und "New Wave" überzeugten mit treibenden Drums, einem eingängigen und fingerfertigen Gitarrenspiel, prägnanter Stimme und coolen Bass Lines. Nach dem zuckersüßen Power-Pop-Melodien passten die Engländer großartig als Übergang zum Headliner You Me At Six, die sich mittlerweile keine Genregrenzen mehr auferlegen und das mit Bravour meistern.

"Reckless Underdogs"

Diese fackelten auch nicht lange als sie mit "Fast Forward" von ihrem neuen Album VI auf die Bühne stürmten.Gleich mit den ersten Tönen hatten sie das Publikum mit ihrer einnehmenden und sympathischen Ausstrahlung in der Hand. Zwar schraubte der Sound-Guy noch kurz in Franceschis Hosentasche an dessen Monitor herum, doch es gab im Flex in letzter Zeit kaum eine Band, die soundtechnisch so gut und voll klang. Beim darauffolgenden "Lived A Lie" von Cavalier Youth tobte sich Gitarrit Max Helyer richtig aus und man sah ihm die Spielfreude an. Die Menge sang textsicher mit und sogar das hauptsächlich weibliche Publikum in den ersten Reihnen tanzte, während es mit der anderen Hand das Handy hochhielt. Das nennt man wohl modernes Multitasking. Die Band schien ebenfalls gut drauf zu sein sein (oder zumindest einen sehr guten Inside-Joke am Laufen zu haben), denn sie grinsten sich untereinander immer wieder von einem Ohr bis zum anderen zu. „I feel a little bit reckless, Vienna“, kündigte Frontman Josh routiniert das nächste Lied „Reckless“ an und die Besucher standen ihm in nichts nach. Bei ihrer Single "Back Again" von VI brachte Matt Barnes seinen Bass so richtig schön zum Grooven. Der Bassist zeigte sich live, wie auch schon seit Längerem, für die backing vocals verantwortlich und wird immer besser darin.

"Night People" und "Fresh Start Fever" folgten und bei letzterem sorgte Drummer Dan Flint für den punktgenauen, schnellen, aggressiven, nichtsdestotrotz eingängigen Beat der diesen Song ausmacht. Bei "Night People" strahlte Gitarrist Chris Miller hervor, der durch seine ruhige Art ab und zu ein wenig in den Hintergrund gerät.“IOU“ sendeten sie mit Applaus an die Arctic Monkeys."3 AM“ wiederum lud mit den catchy Melodien zum Tanzen und kitschig romantisch ging es dann bei „Take On The World“ mit der passendem Handybeleuchtung zu.Als letzten Song vor der Zugabe stand "Bite My Tongue" von Sinners Never Sleep auf der Setlist. Davor erkundige sich Franceschi allerdings noch, ob dies das erste Konzert von jemanden sei und entschuldigte sich, als sich wirklich jemand meldete. Grinsend meinte er dass es er/sie keinen Preis dafür bekomme und es ihm ihm leid täte dass You Me At Six wäre. Dann spaßte er mit britischem Humor noch weiter, dass sie jetzt dann von der Bühne gehen würde, jeder wisse das, alle würden YMAS rufen, ihre Egos würden sehr groß werden, sie würden zurück kommen, noch vier Songs spielen…Herrlich bodenständig und ehrlich!

Mit dem rockigen "Room To Breathe" enterten sie also nochmals das Flex und kochte mittlerweile förmlich. Circle Pits, der eine oder andere Crowdsurfer und eine wogende Menge prägten das Bild der Location. Da half es auch nicht, dass "No One Does It Better" und "Straight To My Head" mit ihrer Pop-Rock Note nicht ganz so wild sind. „Where are the underdogs? “, fragte Josh nachdem sich die Engländer ausgiebig bei ihren Fans für das Kommen bedankt hatten. Bei dem beliebten Klassiker "Underdog"von ihrer CD Hold Me Down hieß es nochmals Vollgas in der Location. Franceschi trug ab dem Refrain seine eigens designte VI-Jacke nicht mehr, die Menge sang Wort für Wort mit, sprang wie verrückt und selbst die Sängerin der Vorband ließ es sich nicht nehmen sich als Crowdsurferin nach vorne tragen zu lassen. Was für eine Stimmung! Jeder der sich an diesem Abend für das Flex entschied, sah auf jeden Fall junge Bands mit viel Potential und einen innovativen, nicht festgefahrenen Hauptact mit einer gut gewählten Setlist.
UK 12 points!

You Me At Six - Setlist:
Fast Forward
Lived a Lie
Reckless
Loverboy
Back Again
Night People
Fresh Start Fever
Cold Night
Predictable
Give
3AM
Take on the World
IOU
Bite My Tongue
________________________________________________________________
Room To Breathe
No One Does It Better
Straight To My Head
Underdog

Stephanie Ambros