Ohne Vorwarnung zerbrach der Mond in sieben große und unzählige kleine Trümmer. Zuerst waren die Menschen fasziniert und unsicher zugleich und starrten auf die Stelle, wo früher der Erdtrabant seine Bahn gezogen hatte. Es dauerte aber nicht lange und Wissenschaftler auf der ganzen Welt kamen zu derselben - alles für immer verändernden - Erkenntnis, dass dies nicht nur ein kurioses Spektakel am Nachthimmel ist, sondern das Ende der Menschheit bedeuten kann, sollten sie nicht innerhalb der nächsten 2 Jahre eine Möglichkeit finden und schaffen, die gegen den kommenden Meteoritenregen eine Überlebenschance bietet würde.
Über eines müssen wir uns gleich zu Beginn dieser Rezension im Klaren sein: ganz egal wie viele Worte hier geschrieben werden, sie reichen nicht aus, um die inhaltliche Bandbreite dieses Buches im vollen Ausmaß abzudecken.
Zum einen ist das Buch ein futuristischer Roman. Seine Handlung ist nicht alltäglich, entspricht weder der klassischen Space Opera, noch einem dystopischen Apokalypseszenario, das in der einen oder anderen Form uns schon bekannt ist. Dem Leser offenbart sich ein Buch, das am Anfang sehr leichtgängig zu lesen ist verbunden mit der Erwartung auf Unterhaltung. Doch wie es den Menschen in dieser Geschichte schon bald so ergeht, dass sie erkennen müssen, dass alles ganz anders kommt, so geht es auch dem Leser.
Neal Stephenson führt uns mit einem sehr flüssigen Schreibstil in ein Abenteuer, das den Fortbestand der Menschheit radikal auf den Kopf stellt. Er nimmt uns mit in Bereiche wie Orbitalmechanik ohne von uns zu verlangen Raketeningenieur zu werden, um seinen Ausführungen folgen zu können. Wir müssen nicht Biogenetiker werden, um zu verstehen, wie es mit der Menschheit weiter geht. Und wo wir möglicherweise tatsächlich herkamen. Ja, wir alle, die wir dies lesen. (Anmerkung der Redaktion: Es gibt wissenschaftliche Theorien, die besagen, das die Menschheit genetisch von sieben Frauen abstammt.)
Er regt zum Nachdenken an, was unsere tatsächliche Zivilisation voran treibt und warum wir alle an das eine oder andere System glauben, das uns weismachen will, ein Leben außerhalb dieses Systems wäre unmöglich und führe nur zu Chaos und Anarchie.
1056 Seiten sind kein leichter Schmöker. Ich habe einige Zeit gebraucht es zu lesen, aber nicht nur aufgrund seines Umfanges. Ich musste immer wieder Pausen machen, um das Gelesene zu reflektieren, den eigenen Gedanken nachzugehen und ihnen ausreichend Freiraum zu geben, sich auch wirklich entfalten zu können. Und trotz des apokalyptischen Szenarios ist das Buch schön zu lesen, da es ungemein vielschichtig und tiefgreifend ist.
Fazit:
Das Buch ist nicht nur ein futuristischer Roman mit einer spannender Handlung. Es gibt dem Leser letztendlich jede Menge Stoff zum Philosophieren und Nachdenken, zum Hinterfragen und neu Überdenken. Es ist kein leichter Stoff, aber bietet unglaublich viel Buch, das ein Genuss zu lesen ist.
Vita:
Neal Stephenson wurde 1959 in Fort Meade, Maryland, geboren. Seit seinem frühen Roman „Snow Crash" gilt der mehrfach ausgezeichnete Autor als eines der größten Genies der amerikanischen Gegenwartsliteratur. „Cryptonomicon", seine Barock-Trilogie mit den Bänden „Quicksilver", „Confusion" und „Principia", sowie „Anathem, der Thriller „Error" und sein jüngstes Werk „Amalthea" wurden weltweit begeistert aufgenommen und stürmten die Bestsellerlisten.
www.neal-stephenson.de
Amalthea
von Neal Stephenson
erschienen im Manhattan Verlag
gebundene Ausgabe, 1056 Seiten, 30,90€ (A)
ISBN: 978-3-442-54762-3