„Hai-Alarm am Müggelsee“ ist das neueste Werk von Sven Regener und Leander Haußmann. Warum der Hai eigentlich gar nicht so wichtig ist und wie der Film entstanden ist, verrieten die beiden im Interview mit FM5.
An einem sonnigen Nachmittag treffen wir Sven Regener und Leander Haußmann im Wiener Hotel Altstadt zum Interview. Sie sind in der Stadt, um ihren neuen Film „Hai-Alarm am Müggelsee“ zu promoten, der zurzeit in ausgewählten Arthouse-Kinos zu sehen ist und einige der bekanntesten VertreterInnen deutscher Schauspielkunst auftanzen lässt. Tom Schilling, Benno Fürmann & Katharina Thalbach sind nur einige der DarstellerInnen, die es sich nicht nehmen ließen, bei der außergewöhnlichen Low-Budget Produktion mitzuwirken.
Dass die Chemie zwischen den beiden Künstlern stimmt, zeigt sich auch an diesem Tag von der ersten Minute an. Es wird geblödelt und man fällt einander ins Wort. Kein Wunder, die beiden verbindet bereits eine lange Geschichte gemeinsamer Projekte. Zuletzt arbeitete man bei Leander Haußmanns Film „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“ zusammen, für den Regeners Band Element of Crime einen Großteil des Soundtracks beisteuerte. Die Idee zum aktuellen Film kam Regener eines Tages, als er Haußmann, der – Überraschung! – am Müggelseedamm in Friedrichshagen residiert, einen Besuch abstattete. Was folgte war eine intensive Zusammenarbeit. Drehbuch, Regie und Musik entstanden im Team, wobei Leander Haußmann lachend anmerkt, dass sein Beitrag zur Musik primär in den laienhaft gespielten Mundharmonika-Parts bestünde.
Alarm, Alarm!
Der Film sei die „Mutter aller Alarmfilme“, meint Regener. In den letzten Jahren nehme das Ausrufen von Alarmzuständen stetig zu – Vogelgrippe, Pferdefleisch – der Alarm scheint eine besondere Faszination auf die Menschen auszuüben. Und diese macht sich der Film augenzwinkernd zunutze. Der Grund für die Aufregung, in diesem Fall die absurde Vorstellung eines Hais in einem Vorstadtsee, rückt dabei in den Hintergrund. Das ausgegebene Motto der beiden Regisseure lautet: „Wenn Alarm ist, dann gehen die Leute ins Kino, weil sie da sicher sind. Ist doch klar!“
Die Gründung einer eigenen Produktionsfirma, der „Müggelfilm“, ermöglichte die Finanzierung des Films und garantierte gleichzeitig die künstlerische Unabhängigkeit, die für Leander Haußmann ein zentrales Element in dieser Arbeit darstellt. Vorab war des Öfteren zu lesen gewesen, dass die beteiligten SchauspielerInnen ohne Gage gespielt hätten. Eine Tatsache, die angesichts der zahlreichen großen Namen im Cast überraschend erschien. Auf Nachfrage wird diese Information als Gerücht enttarnt. Die Wahl der SchauspielerInnen sei generell leicht gefallen, betont man. Sämtliche Charaktere wurden ohne Casting besetzt und wirft man einen Blick in die Filmographien der DarstellerInnen wird schnell klar, dass das Netzwerk, welches sich Haußmann in den vergangenen Jahren aufgebaut hat, zur Gänze ausgeschöpft wurde. Und so ist es auch ein leichtes, die Dreharbeiten im heißen Sommer am Müggelsee, deren Spaß- und Wohlfühlfaktor die beiden während des Gesprächs immer wieder betonen, vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen.
Die Frage, ob einzelne Titel des Soundtracks, wie das Friedrichshagenlied oder die große Ballade vom Hai-Alarm Eingang in das Live-Repertoire von Element of Crime finden werden, verneint Regener. Er wolle seine verschiedenen Projekte nicht miteinander vermischen. Ganz ist ihm das dennoch nicht gelungen. Spitzfindige BeobachterInnen werden einige alte Bekannte im Film entdecken. Neben den Bandmitgliedern von Element of Crime tummeln sich auch Florian Horwath und David Schalko in der lustigen Menge. Der Sänger gibt zu Protokoll, dass sich die Herangehensweise an das Schreiben von Filmmusik von jener für ein Album seiner Band signifikant unterscheidet. „Schreibe ich für Element of Crime stehe ich vor der Wahl ob ich über jemanden mit Liebeskummer oder einen argentinischen Freiheitskämpfer schreibe.“ Geht es jedoch um Filmmusik ist das Thema von Beginn an vorgegeben. Dies erleichtere den Prozess um ein Vielfaches.
Über den Inhalt des Films sei an dieser Stelle nicht mehr verraten, außer so viel: Freunde des Absurden werden ihre Freude daran haben. Denn, um es mit den Worten des Friedrichshagener Bürgermeisters zu sagen: „Die Zahnpasta der Angst lässt sich nicht mehr in die Tube der Beschwichtigung zurückstopfen!“