John Callahans Kunst ist der Ausdruck seines tragischen Schicksals. Basierend auf dem gleichnamigen Memoir erzählt Gus Van Sant die Geschichte des Cartoonisten, verkörpert von Joaquin Phoenix.
Ein Schneemann mit deprimiertem Gesichtsausdruck. Vor ihm ein Abschiedsbrief, der Föhn auf seinen Kopf gerichtet – die Linienführung rau und zittrig. Ein Blick genügt, um zu erkennen, dass hier John Callahan am Werk war. Der 2010 verstorbene Cartoonist musste beide Hände verwenden, um eine Zeichnung anfertigen zu können. Nachdem er während einer Kneipentour als Beifahrer in einen Autounfall verwickelt wurde, veränderte sich sein Leben schlagartig. Der ohnehin schon vom Alkoholismus geprägte Lebensstil Callahans führte ihn mit der Diagnose seiner Querschnittlähmung nur in ein noch größeres Tief, welches die Quelle seiner Kunst darstellt.
Schon nach dem Dreh von Good Will Hunting kaufte Robin Williams die Rechte für Don’t Worry, He Won’t Get Far on Foot um zusammen mit Gus Van Sant an der Verfilmung zu arbeiten. Seitdem hat sich das Skript immer wieder verändert, bis es nun endlich zur Umsetzung kam. Callahans schwarzer Humor schreibt sich natürlich auch in den Film ein – tragische Episoden treffen auf leichtere, optimistische Momente, womit sich die Erzählung im Hinblick auf Callahans Schicksal überraschenderweise weniger bedrückend anfühlt, als man sich erwarten würde. Der Aspekt des Erzählens selbst scheint besonders im Zentrum zu stehen. Callahans Cartoons und Monologe in einer Rede vor Publikum bzw. unter den Anonymen Alkoholikern bilden einen großen Teil der narrativen Grundlage. Dabei steht jeweils das Scheitern, die Ironie dabei, als auch der erfolgreiche Kampf im Fokus. Dabei folgt die Erzählung immer wieder dem 12-Schritte-Programm, mit welchem Callahan sein Alkoholproblem zu besiegen versucht.
Stilistisch überzeugt der Film vor allem mit Parallelmontagen, animierten Callahan-Cartoons und unkonventionellen Arrangements, welche bestimmte Perioden mit vertikal oder horizontal durch das Bild fahrenden Einstellungen zusammenfassen. Die Farbgebung spiegelt mit der Dominanz von Erdtönen authentisch die Siebziger wider. Was hier aber den eigentlichen Filmgenuss ausmacht, ist die schauspielerische Leistung des Casts. Während Joaquin Phoenix mit der Darstellung gebrochener Persönlichkeiten bereits vertraut ist, stellt er mit seiner Rolle als John Callahan erneut sein Talent zur Schau. Jonah Hill überzeugt, indem er als Donnie, Leiter der AA-Gruppe, von seinen üblichen Witzbold-Figuren abweicht. Auch Rooney Mara und Jack Black waren die ideale Wahl für ihre Rollen und tragen mit authentischen Performances ebenso zur Dynamik des Films bei. Zusätzlich kann man sich über die Auftritte der Musikerinnen Kim Gordon (Sonic Youth) und Beth Ditto (Gossip) als Mitglieder der Anonymen Alkoholiker freuen.
„Craft seeks for perfection. Art seeks expression.“ Mit diesen Worten bringt der Kunstprofessor, dessen Lehrveranstaltung Callahan besucht, die Seele seiner Cartoons auf den Punkt. Gus Van Sants Verfilmung mag den expressiven Mehrwert nicht primär aus sich selbst schöpfen. Dieser Kompromiss wird dennoch eingegangen um den Ausdruck von Callahans Kunst und der damit verbundenen Lebensgeschichte transportieren zu können. Alleine aus diesem Grund sollte man sich Don’t Worry, He Won’t Get Far on Foot nicht entgehen lassen.