Bohemian Rhapsody

Kaum eine Band schaffte es, sich mit einer derart großen Ansammlung von Hits in die Musikgeschichte einzuschreiben, wie Queen das tat. Nun verkörpert Rami Malek den Mann mit der unverwechselbaren Stimme, um die Hochs und Tiefs des Künstlers und der Rockgruppe um ihn miterleben zu lassen.

Mercury, May, Taylor, Deacon. Wer einen Song dieser vier Musiker zu Ohren bekommt, wird ihn nicht mehr vergessen. Doch mehr als nur ihre Musik wurde fixer Bestandteil unserer Popkultur. Freddie Mercurys exzentrischer Charakter und sein tragisches Schicksal schwingen unweigerlich mit jedem Taktschlag mit und macht die Band zu dem, was sie bis heute ist ist. Dass der 1991 an den Folgen einer AIDS-Erkrankung Verstorbene in Wahrheit noch lange nicht tot ist, soll Bohemian Rhapsody verdeutlichen.

Bryan Singers Name schmückt – mit The Usual Suspects als Ausnahme – vor allem die Plakate von Hollywood-Blockbustern wie der X-Men-Reihe, Valkyrie oder Superman Returns. Nach dem Drehbuch von Anthony McCarten (Darkest Hour) und Peter Morgan (The Queen) inszeniert er die Entwicklung der Band ab Freddies Eintritt bis zu ihrem legendären Auftritt am Live Aid im Wembley-Station. Während sich Singer damit inszenatorisch nicht von seinem Duktus entfernt, wird die Lust am Schauen allen voran von der Qualität der Besetzung angetrieben. So sind die vier Köpfe der Band den echten optisch zum Verwechseln ähnlich. Auch die Gestik wurde mit einer Detailtreue vermittelt, welche zum Teil vergessen lässt, dass man es nicht mit den tatsächlichen Musikern zu tun hat. Die größte Leistung brachte hier ohne Zweifel Rami Malek in seiner Rolle als Freddy Mercury. Obwohl er für gewöhnlich eher introvertierte Rollen bevorzugt, repräsentiert er die oft wie eine Gottheit verehrte Ikone überzeugend.

Auch Konzerte und TV-Auftritte wurden authentisch reinszeniert und mit Taktgefühl in die Erzählung eingearbeitet. Dabei resultiert der Einsatz von originalen Songs in starken Gefühlen der Nostalgie, während sie den authentischen Eindruck, welchen die Bilder liefern, unterstreichen. Für rein gesangliche Momente wurde die Mercury-nahe Stimme des kanadischen Musikers Marc Martel mit jener von Malek vermischt, wodurch das Ergebnis harmonisch mit den Originalaufnahmen nivelliert. Um die Priorität der Musik hervorzuheben, wird bereits das Erscheinen des Logos von 20th Century Fox zu einem Queen-Erlebnis, da die altbekannte Fanfare von May und Taylor neu eingespielt wurde.

Narrativ gibt die grobe Einteilung in Epochen ein Bild der Band und ihrer Entwicklung wieder, welches für ein Publikum, das nicht mit der Geschichte vertraut ist, aufschlussreich sein wird. Das Spotlight liegt dennoch eindeutig auf Freddie Mercury als treibende Kraft. Taylor (Ben Hardy), May (Gwilym Lee) und Deacon (Joseph Mazzello) werden dabei in die Schublade der Nebenfiguren geschoben und nur oberflächlich charakterisiert, um die Erzählung kompakt zu halten. Schade ist, dass durch diesen Stellenwert der narrativen Struktur die chronologische Genauigkeit bestimmter Wegpunkte vernachlässigt wird. So stellt Brian May seine Idee für „We will rock you“ in der 1980er-Phase des Films vor, obwohl der Song bereits 1977 sein Release feierte.

Kann man aber über derartige Details hinwegsehen, wird der Nostalgie-Spritze nichts im Wege stehen. Auch über exzellente Referenzen auf die popkulturelle Verhandlung von Queen darf sich ein tiefer im Fandom verwurzeltes Publikum freuen. Wer ihre Musik wertschätzt, wird mit Sicherheit auch aus Bohemian Rhapsody mehr als den schieren Unterhaltungswert ziehen können.

 

Originaltitel: Bohemian Rapsody

Filmstart: 31.10.18

Filmlänge: 135 Minuten

Land/Jahr: USA/2018

Genre: Drama, Biographie, Musikfilm

Darsteller: Rami Malek, Ben Hardy, Gwilym Lee, Joe Mazello, Lucy Boynton

Regie: Bryan Singer

Peter Freydl