Der kalifornische Held des Lo-Fi kam endlich, endlich zu einem Headline Konzert nach Wien.
„Weirdo Pop“, „Weird Americana“, „Weirdo Psychedelia“. Auf solcherlei Genre-Bezeichnungen stößt man zuhauf, wenn sich die Musikpresse des Themas Ariel Pink annimmt.
Einerseits ist dies gerechtfertigt. Kaum eine Platte des Künstlers ist in einem homogenen Sound gehalten, auf Balladen folgen Punk-Stücke und auf New Wave Synthie Sounds plötzlich eine Hard Core Gitarre.
Dennoch beherrscht Ariel Pink alle diese Genres perfekt, niemals wirken seine Songs zu gewollt und sind wohl auch nicht so willkürlich zusammengewürfelt wie es auf den ersten Blick oder besser dem ersten Hören scheinen will.
Am heutigen Abend in der Wiener Arena wird gleich zwei Bands die Ehre zuteil, das Vorprogramm für Ariel Pink zu gestalten. Zuerst die ortsansässige Band Zinn, danach Jorge Elbrecht. Letzterer ist nunmehr Ariels Label-Kollege auf Mexican Summer und hat auch schon den ein oder anderen Song mit dem Exzentriker aus Los Angeles aufgenommen. Nicht nur die Plattenfirma scheinen sich die beiden zu teilen, auch den Hang zum Exaltierten und Seltsamen. So wird Jorge Elbrecht zu Beginn von seinem Bandmitglied auf einem Rollstuhl auf die Bühne geschoben, das Bandmitglied verweilt dann für einige Songs reglos auf der Bühne und steuert danach zumindest das Tamburin bei. Während Elbrecht sich hinter seinem Laptop verschanzt und in sein Mikro singt und schreit, führt eine Frau in einem weißen Kleid und Maske beschwörende Tänze auf. Was wie eine Episode aus „Twin Peaks“ klingt, scheint gerade angemessen zu sein, im Dunstkreis von Ariel Pink und Co.
Vergleichsweise normal ist hingegen der Auftritt von Ariel Pink, der eigentlich Ariel Rosenberg heißt. Begleitet von 5 Musikern steht er später auf der Bühne und eröffnet sein Set mit „Kitchen Witch“, einem Song vom neuen Album „Dedicated to Bobby Jameson“. Während des Abends wird Ariel hauptsächlich Songs von diesem Album und auch einige vom Vorgänger-Album „pom pom“ spielen, ältere Songs, bzw. Stücke seiner Kollaborationen mit anderen Musikern haben kaum Platz.
„Dedicated to Bobby Jameson“ ist einem kürzlich verstorbenen Musiker aus Los Angeles gewidmet, von dem Ariel Pink erst durch dessen Tod erfuhr. Bobby Jameson soll sich Zeit seines Lebens für einen Rockstar gehalten, sich aber irgendwann zurückgezogen und den Hell’s Angels angeschlossen haben. Kurz vor seinem Tod hat er dann mithilfe eines YouTube Channels und eines Blogs nochmal die Öffentlichkeit gesucht und über seinen ausgebliebenen finanziellen Erfolg lamentiert. Dieser Blog faszinierte Ariel Pink so sehr, dass er beschloss, Bobby Jameson posthum noch die Würdigung zukommen zu lassen, die ihm zuvor verwehrt blieb. Ariel, so gibt er selbst zu, kann sich identifizieren mit dieser niemals enden wollenden Suche nach Aufmerksamkeit und Bestätigung, die niemals sattzumachen scheint.
Mittlerweile gäbe er sich jedoch mit dem was er hat zufrieden und sei ein ausgeglichener Mensch, betonte Ariel kürzlich immer wieder in Interviews. Er beteuert dies mit so einer Vehemenz, dass er dabei fast seine Kunst entromantisiert seinen eigenen Mythos entzaubert. Musik wäre nur ein Job, nur eine tägliche Pflicht, die er zu erledigen hätte, gibt er beispielsweise zu verstehen, auch, dass er selber kaum mehr Musik höre: „It sounds really gross for me to say that I don’t listen to music because I just don’t care about it, it’s kid stuff. I’ve got other interests that keep me going.“
Vielleicht traut er sich aber auch einfach nicht mehr so energisch Standpunkte zu beziehen, wie er es früher tat. Einige seiner Aussagen in vergangenen Interviews haben Kontroversen und Skandale ausgelöst, ihm wurde – unter anderem von Musikerkollegin Grimes – Sexismus und Misogynie vorgeworfen.
Vieles an diesem Aufruhr waren Worte, die Ariel im Mund verdreht wurden, dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack, wenn man Pinks Afffinität zu Fox News und mangelnde Distanzierung zu Donald Trump im Auge behält.
Heute Nacht in der Arena sind jedoch sowohl Publikum, als auch Ariel Pink versöhnlich gestimmt, bei „White Freckles“ gibt es einen Moshpit, bei „Another Weekend“ wiegt sich jeder in dream pop Manier umher und als Ariel sein Donnie & Joe Emerson Cover „Baby“ spielt, denkt wohl jeder in diesem Raum gerade an Liebe, auf welche Art und Weise auch immer.