Die Fortsetzung des FM4 Frequency am Donnerstag sorgte mit den Queens of the Stone Age, Woodkid und Blink 182 für musikalische Höhepunkte, während es das Wetter gut mit St. Pölten meinte und ein alter Bekannter wieder mal eine Einladung zum Festival ausschlug.
Milder Sonnenschein machte am zweiten Tag des FM4 Frequencys die Regenstunden vom Vortag vergessen, genau rechtzeitig zum Start des eigentlichen Festivalwochenendes präsentierte sich der Green Park St. Pölten trocken und angenehm. Und diese Begleitumstände waren mehr als willkommen, gab es doch auch schon am frühen Nachmittag Programm. Erste richtig große Zugpferde waren wohl Jimmy Eat World, die mit ihren altbewährten Emohits die Space Stage zum Leiden brachten, und Tom Odell, der wie auch bereits letztes Jahr das Frequency mit larmoyanter Melancholie und zu Klavierklängen verzauberte. Die größte Party war zu diesem Zeitpunkt allerdings noch an den Karaoke-Bars von namhaften Spirituosen-Herstellern am Laufen, erst Imagine Dragons sollten dann für ernsthafte Feier-Konkurrenz sorgen.
In der zwar gut versteckten, aber durchaus gut gefüllten Weekender Stage bewies unterdessen Brody Dalle, weshalb sie gemeinsam mit ihrem Mann Josh Homme von den Queens of the Stone Age das perfekte Wüstenrock-Pärchen abgibt - wegen einer einzigartigen Reibeisenstimme und gelebtem Rock-Spirit. Auch Brody Dalle ist schon ein alter Hase im Geschäft, sie arbeitete sich durch alte Sachen (u.a. aus ihrer Zeit bei den Distillers) und neues Material, wie etwa die durchaus ernstzunehmende Warnung "Don't mess with me". Die blonde Mähne wirbelte auf der spärlich beleuchteten Bühne herum, das Publikum hatte offensichtlich ebenso Lust auf Bewegung und würdigte das einstündige Set der australischen Sängerin gebührend.
Raus aus der aufgeheizten Halle auf das kühlere Kerngelände, wo der enorme Zustrom von Zuschauern den baldigen Beginn irgendeiner total unbekannten Band aus Amerika, den Image Dragons, ankündigte. So viele Menschen bevölkerten auf einmal den Bühnenbereich, dass man sich fast nicht vorstellen konnte, am Rest des Geländes überhaupt noch Leute antreffen zu können. Ob Woodkid auf der Green Stage überhaupt ein mit freiem Auge ersichtliches Publikum erwarten durfte? Er durfte - und das auch nicht zu knapp. Ob heuer deutlich mehr Karten verkauft worden waren oder die Leute dieses Jahr schon früher den Weg von Zelt zu Bühne beschritten als üblich, bleibt unbeantwortet. Zu einer deutlichen Antwort gehört jedenfalls ein Ausrufezeichen und ein solches setzte der französische Musiker von Beginn an.
Dunkle Visuals und wabernder Nebel umgaben ihn, melancholisch-getragene, dann wieder energische Sounds sorgten für eine recht eigene Stimmung vor der kleineren der beiden Hauptbühnen. Zwischen den beiden Polen „Runterkommen“ und „Abtanzen“ entspann sich eine magische Konzertstunde, die ein Händchen des Franzosen für einen geschickten Stilmix und den richtigen Spannungsbogen offenbarte. Nicht nur die aus dem Radio bekannten Scheiben „I Love You“ und „Run Boy Run“ wurden gefeiert, auch ruhigere Nummern kamen bestens an und profitierten vom einsetzenden Sonnenuntergang. Als grelle Schweinwerfer und ein wenig inspiriertes „Song 2“-Cover von der Hauptbühne das Ende der Imagine Dragons verkündete, setzte aber die große Völkerwanderung ein.
Für einen scharfen Kontrast sollten nämlich auf der Space Stage die alten Helden Blink 182 auftreten, die in der musikalischen Sozialisation ganzer Teenager-Generationen keine unwesentliche Rolle gespielt haben. Die Songtitel verraten ja schon einiges und geben die inhaltliche Richtung vor: „What’s my age again?“, „I miss you“, „Up all night“ und „First date“ sprechen eine deutliche Sprache. Ein zart-poppiges Intro begleitete die alten Herren auf die Bühne, danach war von Subtilitäten nichts mehr zu sehen. Blink 182 brachten die ganz große Geste und lieferten einen absolut soliden Auftritt ab, der die jungen Herzen höher schlagen ließ. Mit der Zeit konnte es da aber schon mal ein bisschen langweilig werden. Wie gut, dass heuer erstmals die LOL-Stage das Frequency bereicherte. Und nein, die war nicht als idealer Auftrittsort für Pete Doherty geschaffen, wie die FM4-Kollegen gestern schon nicht ganz weit hergeholt vermuteten – aber bei einer Absage der Bambyshambles ist die Pointe schon steinalt, bevor sie überhaupt gebucht werden.
Wesentlich unterhaltsamer und außerdem auch noch zuverlässiger sind da maschek., die die zur LOL-Stage umfunktionierte Weekender-Stage beinahe füllten. Peter Hörmannseder und Robert Stachel bastelten aus alten maschek.-„Hadern“ und weniger bekanntem Material neue Stories, in denen weder Werner F.‘s Freund Lauschi mit dem Samtfell, noch Schottermitzi und Bundesheinzi fehlen durften. Die beiden Kabarettisten waren blendend aufgelegt, trieben ihre Späße mit dem Bühnentechniker und den Leuten in der ersten Reihe, improvisierten neuen Pointen in die Videos und boten insgesamt eine wunderbare Alternative zum hektischen Gewühl vor den großen Bühnen: LOL-Stage – bitte mehr davon!
Keine hundert Meter von den aufs Korn genommenen Untiefen der österreichischen Innenpolitik entfernt wurde zeitgleich die Space Stage für den Auftritt der Queens of the Stone Age hergerichtet, den Headliner des Donnerstagabends. Der spärlich gefüllte Bühnenbereich verriet aber, dass für manche der Abend nach Blink 182 schon gegessen war. Auch bei Jan Delay auf der Green Stage war weniger los als erwartet, vermutet können die Massen daher im Night Park und am Campingplatz werden. QUOTSA war das relativ egal, wie sich die Band ja bis heute eigentlich dafür rühmen kann, sich nie verkauft zu haben und sich selbst treu geblieben zu sein. „You think I ain’t worth a dollar, but I feel like a millionaire“, war denn auch der nicht unpassende Opener. Das Set ließ musikalisch generell keine Wünsche übrig, „Go with the flow“ und „Little sister“ kamen ebenso zum Einsatz, wie der „Feel-good-hit of the summer“ – ein wunderbar zynischer Titel und mit seinem Fokus auf verschiedenste bewusstseinserweiternde Substanzen durchaus nicht ganz unpassend auf Festivals.
„I wanna make it with chu“ hieß es dann relativ am Ende des Sets und das ausgeharrte Publikum sah das genauso. Ein starker musikalischer Abend des Frequency Festivals verhallte mit den letzten dirty Riffs, zu Ende war die Nacht aber noch lange nicht. Die in Richtung Kaserne strömenden Massen verrieten, wo der Ausnahmezustand „Frequency“ fortgesetzt wurde.