"Für mich ist es ein Langzeiteffekt!"

Wir sprachen mit Stray From The Path Gitarrist Tom Williams über die neue CD "Only Death Is Real", Donald Trump und ob eine Veränderung auf der Welt in Zeiten wie diesen überhaupt möglich ist. Weiters erfuhren wir, wie aus einem Spaß ein Teil eines Songs wurde.

Vor ihrem beeindruckenden Wien-Konzert trafen wir Tom Williams, seines Zeichens Stray From The Path Gitarrist, an der frischen Luft (in einer abgelegenen Ecke des Arena Areals) zum Interview. Die Gruppe aus Long Island (New York) -komplettiert von Drew York (vocals), Anthony Altamura (Bass) und ihrem englischen Drummer Craig Reynolds (seit 2016 in der Band) - ist für ihre energetischen Live-Shows bekannt. Über dies hinaus dafür, dass sie zu relevanten Themen offen ihre Meinung zu sagen. Nach dem beliebten Subliminal Criminals (2015) kam am 08.09.2017 ihr neuestes Werk auf den Markt. 

Ihr habt im September euer  Album Only Death Is Real veröffentlicht. Wir waren die Reaktionen darauf? Ich habe außerdem gesehen, dass ihr im Vorfeld leider einen Haufen wirklich furchtbarer Kommentare zum Video der Single "Goodbight Alt-Right" bekommen habt und einige eurer Freunde wie Architects, Enter Shikari usw. haben sich daraufhin für euch eingesetzt und auf den Social Media Kanälen verteidigt. Wie viele von den Kommentaren habt ihr gelesen und habt ihr welche der schlechten Comments beantwortet?

Tom Williams (Gitarre): Wir machten eine ganze Tour durch Kanada, waren dann eineinhalb Wochen in England und sind jetzt seit eineinhalb Wochen in Europa. Die Reaktionen zu den neuen Songs waren großartig. Im Bezug auf auf "Goodnight Alt-Right" las ich circa eine halbe Stunde lang die Kommentare und sah dann in welche Richtung es geht. Ich antwortete auf keines und wir löschten keines. Wir wollten sichergehen, dass sie da waren, denn dadurch bekräftigten wir genau unseren Standpunkt, dass solche Menschen existieren. Es wirkt sich nicht auf unsere Shows aus. Die Leute lieben diesen Song, gehen dazu ab und unterstützen uns und unsere Überzeugungen.
Ich war sehr froh, dass Bands wie Architects, Anti-Flag und Enter Shikari uns den Rücken stärkten. Es war schön zu sehen, dass wir Unterstützung haben, denn einige Bands wollten sich definitiv lieber aus der Debatte heraushalten. Aber wie auch immer...Am Ende Tages sind wir immer noch hier und machen unser Ding und ich finde, dass das Thema an Aufmerksamkeit gewinnt.

Also ihr wünscht euch im Nachhinein nicht, dass ihr einen anderen Song als Single gewählt oder das Lied später veröffentlicht hättet?
Nein, nicht im Geringsten. Dass wir eine verrückte Resonanz bekommen würden, das waren wir uns bewusst. Vielleicht nicht ganz so irre, wie es letztendlich ausgeartet ist. Wir wussten, dass wir eine Reaktion bekommen werden und bereuen es definitiv nicht.

Glaubst du, dass ihr aufgrund eurer Ansicht Fans verloren habt?
(wie aus der Pistole geschossen) Nein! (lacht)
Das ist großartig. Ich finde auch, dass es ein wichtiger Song ist.
Das Ding ist, dass Leute die Sachen über das Lied sagten nicht mal auf die Konzerte gehen...
Leute, die sich hinter ihrem PC verstecken...
Ja! Das sind alte Leute. Einige von denen sind nicht mal richtige Menschen. Das sind russische Bots. Da ist ein Haufen Zeug das die Agenda antreibt. Es schadete unseren Gigs nicht mal ansatzweise. Wenn dann beeinflusste es die Konzerte höchstens in positivem Sinne.


Tom, du hast in einem früheren Interview gesagt, dass du in Europa viel über Donald Trump -bevor er als Präsident gewählt wurde- sprechen musst und es nicht so gerne magst, da du findest, dass man nur Öl ins Feuer gießt. Denkst du, jetzt wo er tatsächlich Präsident ist, dass du noch mehr darüber reden musst?
Um ehrlich zu sein, ich sah das nicht kommen. So wie die Dinge jetzt laufen, ist es nicht erstaunlich, dass er es ist. Wir äußern uns über ihn in einem gewissen Ausmaß, denn für mich für mich scheint es, jeden Tag spricht irgendjemand über das, was er tut…Ich sehe es so, es wird über ihn viel berichtet. Da gibt es nichts Neues, was wir unseren Fans erzählen können. Sie wissen, dass er furchtbar, ein Rassist und Sexist ist. Deswegen mögen wir es uns auch auf andere Dinge zu fokussieren, die gerade nicht so auf der Bildfläche präsent sind, weil Trump mal wieder mit seinen schlechten Dingen im Mittelpunkt steht. Es ist gut, dass Leute sich damit beschäftigen und ich sage nicht, dass sie es nicht tun sollen. Wir tun es bis zu einem gewissen Ausmaß, konzentrieren uns allerdings ebenso auf andere Themen.

Ich habe gelesen, dass das Schachbrett auf eurem Cover eine Repräsentation sein soll, dass gewöhnliche Leute nur Schachfiguren beziehungsweise die Bauern in einem Spiel sind, was irgendwie stimmt und zweifellos ziemlich beängstigend ist. Ich weiß, das ist schwer zu sagen, aber meinst du eine Veränderung in Zeiten wie diesen ist überhaupt möglich?
Ich verstehe dich und glaube, dass es die Zeit zeigen wird. Meiner Meinung nach, ist es das, was unser Job ist. Wir spielen für viele junge Menschen, auf die wir eine Wirkung haben und wir wollen zeigen, das ist, wie die Dinge jetzt laufen um von dort an ein Bewusstsein dafür aufbauen. Die Leute sollen zum Überlegen angeregt werden auch eine andere Entscheidung in Betracht zu ziehen, wenn es darum geht wie es weitergehen soll. Für mich ist es ein Langzeiteffekt und keine kurzzeitige Reparatur. Es ist etwas, dessen Entwicklung man über die Jahre hinweg sieht.

Kannst du uns ein bisschen über den Schreibprozess von Only Death Is Real berichten? Wie lange habt ihr daran gearbeitet. Was war schwierig?
Ehrlich, es war möglicherweise die leichteste CD, die wir je geschrieben haben. Craig (Reynolds) spielt nun Drums für uns und er brachte neues Leben mit in die Band. Er half mit die Songs zum Glänzen zu bringen. Es war die erste Platte die wir zusammen in einen Raum schrieben. Normalerweise schreibe ich alles vorweg und bringe das Material dann zur Band. Dieses Mal schufen wir es alle zusammen.
Wir schrieben das Album in circa einem Monat und nahmen es in zwei Wochen auf. So eine Chemie wie jetzt, hatten wir zuvor noch nie und das ist schön.

Keith Buckley (Every Time I Die), Bryan Garris (Knocked Loose) and Vinnie Paz (Jedi Mind Tricks und Army Of Pharaos) sind als Gastsänger auf der Platte zu hören. Stand von Anfang an fest, dass es diese Musiker sein sollen und seid ihr bei deren Aufnahmen vor Ort gewesen?
Da wir die meisten Zeit auf Tour sind, konnten wir leider nicht dabei sein. Jedoch wussten wir, dass wir Keith unbedingt wollen , - eigentlich schon die für die letzten drei Alben. Bedauerlicherweise ging es nie, also fragten wir ihn jedes Mal wieder. Nun hatten wir endlich die Zeit und ein Studio in dem es über die Bühne gehen konnte. Er nahm seinen Teil in Buffalo auf und sendete diesen an uns.
Bryan ist ebenfalls ein guter Freund von uns und wir waren uns sicher, dass er es machen würde. Er reiste zu dem Zeitpunkt gerade durch, kam im Studio vorbei, das wir für Only Death Is Real hatten und nahm es gleich dort auf.
Vinnie Paz war sicherlich jemand den wir ausprobieren mussten, denn wir kennen ihn nicht sehr gut (persönlich). Wir bewundern ihn definitiv und seinen politischen Aktivismus in seiner Musik. Wir wollten jemand, der nichts mit Hardcore oder Metal zu tun hat und er erklärte sich dazu bereit. Es ist eine Ehre, dass er den Part übernahm.

Gibt es im Nachhinein etwas, das ihr gerne an der CD ändern würdet oder seid ihr zufrieden?
Ich denke es ist ein Home Run. (lacht) Ich liebe sie.

Ich habe einige ältere Videos gesehen in denen ihr erzählt habt, dass ihr die Lyrics zusammen schreibt. Ist das immer noch der Fall?
Ja wir machen das immer noch so. Manchmal schreiben einige Leute alleine, bringen es dann aber natürlich zur Band und wir machen unser Ding daraus.
Die meisten Texte schreiben wir allerdings gemeinsam in einem Raum sitzend.

Drew (York, Gesang) und du habt mit Afterparty und Trade Wind beide ein musikalisches Nebenprojekt. Beeinflussen diese Projekte euren Schreibprozess bei Stray From The Path?
Nein, gar nicht. Wenn überhaupt, dann hilft es uns. Drew liebt diesen poppigen Rock, den er mit Afterparty macht und ich liebe dieses sanftere depressive Zeug. Angesichts dieser Projekte schleicht sich davon nichts in STFP, denn für mich sollte Stray das bleiben, was es jetzt ist. Es hilft uns eher, dass Stray From The Path wütend bleibt. (lacht)

Kannst du uns etwas über eines der neuen Stücke erzählen, das die Leute bis jetzt noch nicht wissen?

(überlegt)
Zum letzten Track "Only Death Is Real":
Wir hörten das Riff, denn es spielte auf Wiederholung... Jesse (Barnett) von Stick To Your Guns -der sich für die Additional Vocal Production verantwortlich zeigt- und ich spaßten mit diesem "Bibel-Gesang-Ding" herum.
Plötzlich sahen wir uns an und dachten Holy shit! -genau genommen klingt das cool und das entwickelte sich zu dem ganzen dunklen unheimlichen Ding. Dann hatten wir eine Freundin von uns in einer Kirche in Alabama und sie sang den ganzen Teil. Sie hat diese große Gospel-artige-Stimme. Es ist verrückt, wie das alles eigentlich durch einen Witz entstanden ist und zu einem meiner Lieblingsstücke wurde.

Welche Bands und Künstler haben euch während der Arbeit zu Only Death Is Real beeinflusst oder hört ihr in der Zeit keine Musik?
Ich versuche es eher nicht. Allerdings als ich schrieb, hörte ich eine Menge härteres Zeug wie Architects, Meshuggah und solche Musik wie das. Ich glaube, dass das Album vielleicht dadurch, im Gegensatz zu unseren vorigen Veröffentlichungen,  ein bisschen härter wurde.

Habt ihr schon begonnen neue Songs zu schreiben? Wenn man bedenkt, was sich auf der Welt so abspielt, gäbe es ja schon wieder jede Menge Themen zur Auswahl...
(lacht) Oh Gott! Nein! Sobald die Platte draußen ist, will ich sie so weit weg von mir, wie möglich. Nach einem Jahr oder so, wenn die Lieder anfangen mich zu langweilen, dann beginnt man an neuen Sachen herumzubasteln.
Also eure Priorität ist jetzt erst einmal die Tour zum neuen Album.
Genau. Wir konzentrieren uns auf diese Platte und wenn das vorbei ist, will ich meine Gitarre weit weg von mir und denke nur auf der Bühne daran.

Gibt es sonst schon weitere konkrete Pläne für deine Band?
Wir beenden diese Europa-Tour, dann touren wir in Amerika und in Australien als Co-Headliner und im Juni kommen wir hier her zurück um hier Festivals zu spielen.
Um welche Festivals handelt es sich genau?  Hast du die Erlaubnis das schon zu verraten?
(lacht) Leider darf ich das noch nicht sagen.

Möchtest du den Lesern von fm5 noch etwas sagen?
Ich liebe Süßigkeiten von Manner und ich liebe Österreich. Ich kam buchstäblich gerade aus der Innenstadt zurück und es ist wunderschön. Es ist cool, dass wir hier sind und das Konzert heute am Abend wird ein Vergnügen werden. Natürlich könnt ihr gerne unser Album kaufen (und Manner Schnitten - lacht).
Hört außerdem bei Renounced, Obey The Brave, Capsize, Stick To Your Guns und Architects rein. Das ist eine Menge gute Musik.
Danke für deine Zeit und das Interview und ich wünsche dir ein schönes Konzert heute Abend!
Ich bedanke mich bei dir! Das war ein gutes Interview!

Stray From The Path - Only Death Is Real
Sumerian Records
VÖ: 08.09.2017

 

Stephanie Ambros